Buchkritik -- Oliver Schröm -- Die Cum-Ex-Files

Umschlagfoto, Buchkritik, Oliver Schröm, Die Cum-Ex-Files, InKulturA Dass die Bösen den Guten immer einen Schritt voraus sind, ist eigentlich keiner Erwähnung mehr wert. Besonders Kriminelle in Nadelstreifen zeichnen sich durch phantasievolle Methoden und Konstrukte aus, wenn es darum geht, an Geld, an viel Geld, zu gelangen. Besonderes Interesse seitens dieses Milieus besteht an der Institution Staat, die, im Gegensatz zu Privatanlegern, niemals Pleite gehen kann und die sich immer wieder als lukratives Ziel für Personen erweist, die es verstehen, die Regeln und Gesetze mit – nicht nur juristischen – Finessen zu umgehen.

Investoren wollen zwei Dinge: Geld, viel Geld scheffeln und kaum bis gar keine Steuern und Abgaben zahlen. Dieses Modell versprach – und verspricht wohl noch immer – die Cum-Ex-Methode (hier detailliert erläutert). Insgesamt sollen es in Europa mindestens 55,2 Milliarden Euro gewesen sein, die in die Taschen von Bankstern und anderen Geschäftemachern geflossen sind. Allein der finanzielle (Steuer)Schaden für die Bundesrepublik wird mit fast 40 Milliarden Euro beziffert.

Der investigative Journalist Oliver Schröm hat, zusammen mit einem großen Team, über viele Jahre recherchiert und siehe da, es tauchen die üblichen Verdächtigen auf. Die, deren Namen bereits im Zusammenhang mit anderen, nicht ganz so unverfrorenen Geldvermehrungsaktionen aufgetaucht sind. Sogar der neue Bundeskanzler, der, wie bei politischer Klientel üblich, bezüglich kritischer Nachfragen auf Gedächtnislücken verweist, erscheint in diesem Zusammenhang. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

Fast 400 Seiten, prall gefüllt mit moralbefreiten Finanzjongleuren, geldgeilen Investoren und hilflosen – oder dummen? – Politikern und Steuerermittlern, die manchmal die Seiten gewechselt haben. Herausgekommen ist ein Buch, das sich über weite Strecken wie ein Thriller liest, denn wo es um viel Geld geht, da wird mit harten Bandagen, nicht nur juristischen, gekämpft.

Was bleibt den Lesern und Leserinnen anderes übrig, als den Kopf zu schütteln angesichts der Dimensionen dieses groß angelegten Betrugs? Wut angesichts der politisch Verantwortlichen, die den Kopf tief in den Sand gesteckt haben? Hilflosigkeit gegenüber einem System, dass manche Player durch ein „Too big to fail“ immer wieder dazu ermuntert, eben dieses aufs Korn zu nehmen? Fassungslosigkeit bezüglich der Tatsache, dass „externer Sachverstand“, sprich Juristen des Finanzkartells, Gesetze formulieren, die solche „Cum-Exzesse“ eigentlich verhindern sollen? Schilda lässt grüßen.

Apropos investigativ: Wie wäre es, wenn sich Journalisten den fragwürdigen bis k… Handlungen der Politiker in den, sagen wir, letzten sechzehn Jahren widmen würden?




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Veröffentlicht am 8. Dzember 2021