Buchkritik -- Wolfgang Wallner -- Joseph

Umschlagfoto  -- Wolfgang Wallner  --  Joseph Die Welt ist entzaubert (Max Weber) und dreifach gekränkt (Freud). Wie kann sich der moderne Mensch verorten? Wie ist es um sein Verhältnis zu sich selber und den ihn umgebenden Kosmos bestellt? Das an Vereinsamung leidende Individuum versucht verzweifelt, seiner Existenz mit Hilfe von reichlich angebotener Ablenkung einen Sinn zu geben. Die sich ihrer Geworfenheit ins Dasein bewußte Kreatur lebt in der permanenten Trennung von Innen und Außen, von Ich und Du, von Existenz und Geborgenheit.

Viele Mythen und Legenden beschäftigen sich mit diesem Thema der Suche des Menschen nach seiner Bestimmung, seinem Sinn und seinem Ziel. Eine davon ist die Geschichte von Graal. Seit dem 12. Jahrhundert erscheint sie in der mittelalterlichen Literatur, doch ihre Quellen weisen auf einen weitaus älteren Ursprung hin. Der Graal, ein wundersamer heiligen Gegenstand, der in der Interpretation für vieles steht, Weisheit, Glück, Macht und Erlösung, ist ein eher archetypisches Motiv für sie ewige Suche des Menschen nach seinem letzten Ziel.

Wolfgang Wallner F. erzählt in seinem Buch Joseph den Weg eines Menschen zu seiner individuellen Erkenntnis. Zufällig, und das ist in diesem Zusammenhang wichtig, gerät der Protagonist in ein altes Theater. Hier beginnt seine Reise, die ihn anscheinend durch Raum und Zeit, hier und gleichzeitig auch anderswo, gestern, heute und morgen, führt.

Er taucht ein im Buch des Lebens, das wie ein Theaterstück anmutet und seiner Vollendung entgegensieht. Joseph, wie die Hauptfigur jetzt genannt wird, soll darin eine Rolle spielen. Im Laufe seiner Erlebnisse stellt er jedoch fest, das dieses Buch niemals vollendet werden kann. Zu vielgestaltig sind die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, zu zahlreich die Wahrscheinlichkeiten in einem endlosen Taumeln durch das Universum.

Joseph lernt den Grund der menschlichen Einsamkeit, die Trennung von Innen und Außen, der Zerfall in Männlich und Weiblich, die Spaltung des Ich vom Rest des Universums, kennen und kann sich auf diese Weise zu einer ganzheitlichen Person machen. Mit Erstaunen bemerkt er, das auch Gut und Böse letztlich einen gemeinsamen Ursprung haben.

Der Autor nimmt den Leser mit auf eine Exkursion durch die inneren und äußeren Welten, die sich immer mehr zu einer einzigen zusammenfügen. Besonders interessant sind hier Wallners poetische Exkursionen zu bis jetzt noch nicht ausgeloteten Konsequenzen der Quantentheorie.

Die Reise des Joseph stellt sich dar, als die individuelle Suche nach dem Graal. Individuell deshalb, weil es DEN Graal nicht geben kann. Zu mannigfach ist das Universum außerhalb unseres Selbst, zu mannigfach auch das Universum in uns selber. Die Spaltung zwischen Innen und Außen kann zwar aufgehoben werden eben durch die Erkenntnis dieser Trennung, die Zusammenführung jedoch muss als individuelle Weise geschehen. Der Leser jedenfalls ist dazu eingeladen.

Von Wolfgang Wallner F. ebenfalls auf diese Seite besprochen: Elihu




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