Buchkritik -- Gregor Spörri -- The Lost God

Umschlagfoto  -- Gregor Spörri  --  The Lost God Die Erde, unser Blauer Planet, befindet sich in einer globalen Krise. Eine aus dem Ruder gelaufene Finanzwirtschaft, ein weltweit operierender Kapitalismus schickt sich an, die letzten intakten Bioreservate wirtschaftlich auszubeuten, sie zu zerstören und ihrer wichtigen Funktionen beraubt, zurückzulassen. Unter dem Deckmantel des globalen Konsums machen sich multinationale Konzerne daran, die Welt unter sich aufzuteilen.

Politisch ist der Planet so zerrissen, wie nie zuvor. Politische Gruppen und religiöse Fanatiker ringen um die Deutungshoheit menschlicher Existenz. Fundamentalisten auf beiden Seiten führen einen regelrechten Krieg um ihre vermeintlichen Wahrheiten und vergessen dabei die eigentlichen Botschaften ihrer Religionen. Die Menschen sind angesichts dieser Wirrnisse politisch desorientiert und versuchen einfach nur noch ungeschoren von äußeren Einflüssen ihr Leben zu gestalten.

Zu allem Unglück taucht in der Erdumlaufbahn ein Satellit unbekannter Herkunft auf, der die religiösen und politischen Spannungen auf der Erde noch verschärft. Während die Politik zunehmend hilfloser agiert, nimmt der Islam für sich in Anspruch, dass der Prophet zurückgekehrt ist und den globalen Führungsanspruch der islamischen Religion fordert.

Als sich im weiteren Verlauf neunzehn riesige Objekte der Erde nähern und auf sie herabstürzen, überschlagen sich die Ereignisse. Angriff oder Kontaktaufnahme? Diese Frage bewegt die politischen Eliten der Erdnationen. Die NASA schickt eine Raumfähre zu dem in der Umlaufbahn sich befindenden Satelliten, um zum einen nähere Informationen zu erhalten und zum anderen den religiösen Fanatikern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Während die Untersuchung noch andauert, taucht aus der Tiefen des Weltraums ein Objekt unvorstellbarer Größe auf und nähert sich mit großem Tempo der Erde. Die Hoffnungen der Menschheit auf eine friedliche Kontaktaufnahme werden durch die beginnende Zerstörung des Planeten endgültig begraben.

Gregor Spörri hat mit seinem ersten Roman "The Lost God" einen SF-Endzeitthriller veröffentlicht, der weit jenseits der genreüblichen Klischees angesiedelt ist. In einem großen Bogen verknüpft er die von Menschen verursachte Plünderung des Planeten, das Quälen von Tieren aus Gründen der Profitmaximierung, den Raubbau an unwiederbringlicher Natur, die politischen Manipulationen der herrschenden Eliten, den Kasinokapitalismus, Börsenzusammenbrüche, kurz gesagt, alle von Menschen initiierten Verbrechen sowohl gegen ihre eigenen Artgenossen, als auch gegen Tiere und den gesamten Planeten mit apokryphen Prophezeiungen und alten religiösen Texten.

Ausgangspunkt des Autors für diesen Roman war ein persönliches Erlebnis in Ägypten, das ihn in Kontakt mit dem seither verschwundenen Relikt von Bir Hooker gebracht hat. Ein, in Beziehung zur Größe des Menschen, überdimensional entwickelter und mumifizierter, gewaltsam von der Hand abgetrennter Finger wurde ihm von einem Grabräuber gezeigt. Der Ursprung dieses Relikts ist bis heute unklar, zumal die offizielle Wissenschaft dessen Existenz strikt leugnet.

Um dieses Relikt von Bir Hooker baut der Autor seine Geschichte auf. Da jeder interessierte Leser darum weiß, dass die eigentlich wichtigen Dinge immer in Romanen und niemals in wissenschaftlichen Texten ausgesprochen werden, ist "The Lost God" eine überaus spannende und dramatische Geschichte über das Ende der Welt, so wie wir sie kennen.

Der Roman vermischt geschickt religiöse Mythen mit politischen Konflikten, die nicht zuletzt aus Glaubenskämpfen resultieren. Die Hilflosigkeit der Politiker ruft geradezu Fanatiker aller Couleur auf den Plan. Es sind brisante Fragen , die der Autor in seinem Buch stellt und er verteilt des Öfteren bittere Seitenhiebe angesichts der Verbrechen der menschlichen Spezies.

Das alles ist gepaart mit technisch-literarischem Sachverstand und der Autor beweist, dass er sich sowohl mit religiösen Theorien, als auch mit der Technik des Space-Shuttle auskennt. Der Leser weiß das zu würdigen.

Bedeutet das Auftauchen des gigantischen Raumschiffs die Vollendung diverser Prophezeiungen oder ist es so etwas wie ein zufälliges galaktisches Ereignis, gegen das die Menschen sich nicht wehren können? Als Wissenschaftler die auf die Erde gestürzten Objekte untersuchen, kommen sie zu dem ernüchternder Ergebnis, dass deren Konstrukteure bei Weitem nicht über das von den Menschen vermutete technische Wissen verfügen. Trotzdem sind sie durch die schiere Größe ihres Raumschiffs dazu in der Lage, den Planeten zu zerstören.

"The Lost God" von Gregor Spörri ist eine zutiefst erschütternde Endzeitvision, so dass seine dargestellten Personen manchmal gar keine Zeit dazu haben, ein Eigenleben zu entwickeln, so schnell werden sie von den Ereignissen im wahrsten Sinn überrollt.

Ist das Auftauchen von "The Lost God" eine gerechte Strafe für den Umgang des Menschen mit seinem Planeten oder die Erfüllung uralter Prophezeiungen? Ist der Mensch in seiner Suche nach erfüllender Spiritualität einem gnadenlosen Irrtum unterlegen oder ist es ein ewiges Gesetz des Universums, dass sich die Schwachen den Starken zu unterwerfen haben und immer deren Beute sind? Welcher Leser zieht an dieser Stelle keine Parallelen zur Kolonialpolitik der "weißen Rasse"?

"The Lost God" ist ein Pageturner, der einen vielseitig interessierten Leserkreis ansprechen dürfte, versteht der Autor es doch, so verschiedene Fachbereiche wie Philosophie, Religion, Gesellschaftskritik und Technik in einem spannenden Roman zu vereinen. Es sollte nicht verwundern, wenn in nicht all zu ferner Zukunft einige Hollywoodgrößen an die Tür des Autors klopfen, um die Filmrechte zu erwerben. Der Roman hat das Format für einen absoluten Blockbuster. Zumal der Leser dann auch erfahren würde, wie es den Überlebenden nach der globalen Katastrophe weiterhin ergehen wird.




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