Buchkritik -- Ludwig von Mises -- Vom Wert der besseren Ideen

Umschlagfoto  -- Ludwig von Mises  --  Vom Wert der besseren Ideen Vielleicht werden spätere Generationen das frühe 21. Jahrhundert in die Kategorien "vor" und "nach" dem Finanzcrash 2008 einteilen. Märkte brachen über Nacht ein, Banken liehen sich gegenseitig kein Geld mehr, die daraus folgende Liquiditätskrise von Unternehmen kostete viele Arbeitsplätze und der Staat, der sich bis dahin weitestgehend aus dem monetären Sektor herausgehalten hatte, sprang mit Milliardenzahlungen und -bürgschaften ein.

Vielleicht wird dann jemand das Buch von Ludwig von Mises Vom Wert der besseren Ideen in einer Bibliothek finden, es lesen und sich verwundert die Augen reiben. Basierend auf sechs Vorlesungen, welche Mises 1958 in Buenos Aires vor argentinischen Studenten hielt, legt er, dezidierter Verfechter des wirtschaftlichen Liberalismus, seine These dar, daß nur der Kapitalismus Garant für menschliche Freiheit sei und zudem das einzig funktionsfähige Wirtschaftssystem. Ausschließlich durch freies Wirtschaften ist der moderne Staat entstanden, der den Bürgern Freiheit und Wohlstand garantieren kann.

Jedes Eingreifen, jede Intervention seitens des Staates, z. B. als Preisfestlegung, führt, so Mises, unweigerlich zu einer Spirale weiterer Einmischung und endet im Sozialismus, der den bis dato erreichten Wohlstand vernichtet.

Nur der Kapitalismus ist dazu in der Lage, die Freiheit der Menschen zu garantieren. Zur Zeit des Manchesterkapitalismus gingen Frauen und Kinder in die Fabriken arbeiten, weil sie nichts zu kochen hatten. "Sie gingen in die Fabriken, weil sie keine Küchen hatten. Wenn sie aber eine Küche hatten, besaßen sie keine Nahrungsmittel, die sie den Kindern kochen konnten. Soweit also Ludwig von Mises. Kurz ausgedrückt war nur der Kapitalismus dazu in der Lage Massenartikel für eine sich abzeichnende Massengesellschaft zu produzieren.

Der Sozialismus und dessen Ableger haben in unserer Rückschau nicht funktioniert. Mises hat das vorausgesagt und Recht behalten. Doch auch der Kapitalismus, zumindest die ungezügelte Variante, ließ nicht nur die Wirtschaft ins Straucheln geraten. Der Staat, vor dem Crash in den Augen von Managern und Finanzjongleuren bestenfalls als subalterner Dienstleister für Infrastruktur toleriert, wird jetzt gerade von diesen Hasardeuren lautstark in die Pflicht genommen.

Scheiterte der Sozialismus unter anderem an dem, den Menschen innewohnenden Hang zur Faulheit, so brachten Gier und Hybris den Kapitalismus ins Wanken. Noch ist er nicht zusammengebrochen und das wird er auch in Zukunft nicht, doch eines ist deutlich geworden. So wie bisher, wird es mit Sicherheit nicht weitergehen können.

Stellt man bei den Betrachtungen über die Positionen Ludwig von Mises die Epoche, in der er sie vertrat, in den Mittelpunkt, dann wird klar, weshalb er ein Verfechter des wirtschaftlichen Liberalismus war. Zwei Gesellschaftsysteme standen sich feindlich gegenüber. Kapitalismus US-amerikanischer Prägung und Kommunismus Marke Sowjetunion. Der Letztere scheiterte zuerst, doch nur wenige Jahrzehnte danach geriet auch der vermeintliche Sieger auf die Verliererstraße.

Mises konnte nicht voraussehen, wie teuer dem Planeten Erde die "Massenproduktion für die Massengesellschaft" kommt. Seine Ideen waren "zeitgemäß", heute jedoch schätzen wir wieder den Wert der besseren Ideen. Die werden aber jenseits des von ihm propagierten Liberalismus liegen.




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