Buchkritik -- Joanne K. Rowling -- Ein plötzlicher Todesfall

Umschlagfoto  -- Joanne K. Rowling  --  Ein plötzlicher Todesfall Wer, wie Joanne K. Rowling bislang eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen im Bereich Fantasyliteratur gewesen ist und sich jetzt in ihrem neuen Roman einem gesellschaftskritischen Thema widmet, der muss großes Vertrauen in seine sozial-analytischen Fähigkeiten besitzen. "Ein plötzlicher Todesfall" beschreibt die gesellschaftlichen Verwerfungen eines englischen Dorfes nach dem Tod von Barry Fairbrother, dessen Sitz im Gemeinderat mit seinem Ableben vakant geworden ist.

Neid, alte Ressentiments, latente Fremdenfeindlichkeit und unterdrückte Sexualität, das sind die Ingredienzien, aus denen Rowling einen Roman machen will, der seine Leser in die Abgründe menschlichen Verhaltens führen soll. Geschildert wird eine Gemeinde im Ausnahmezustand. Rivalitäten, die lange unter der Oberfläche genannt Zivilisation geschlummert haben, brechen mit aller Macht hervor. Mit schmutzigen Tricks wird um den Platz im Gemeinderat gekämpft. Der Riss geht quer durch das Dorf und bringt lang verdrängte Animositäten zum Vorschein.

Gewiss hat kein Leser einen Roman in Potter`scher Manier erwartet, doch was Rowlings als Gesellschaftskritik verkaufen will, ist eine Ansammlung von Allgemeinplätzen zwischenmenschlicher Absurdität. Die Handlung zieht sich dermaßen in die Länge und verselbständigt sich zunehmend, so dass es dem Leser schwer fällt, die fast 600 Seiten hinter sich zu bringen. Es fehlt Tempo und Tiefgründigkeit. Die Figuren sind eindimensional angelegt und ein ums andere Mal werden die gleichen Mechanismen beschrieben.

Der Leser hat das Gefühl, das alles bereits schon einmal gelesen, gehört oder gesehen zu haben. Was von Joanne K. Rowling als großes Gesellschaftsportrait angelegt wurde, plätschert seicht vor sich hin. "Ein plötzlicher Todesfall" hat großes Potential, die Verwerfungen zwischen Etablierten und Außenseitern, zwischen Saturierten und sozial Schwachen, zwischen Traditionalisten und Modernisierern. All das bleibt leider auf der Strecke, denn der Roman bietet allenfalls psycho-soziale Durchschnittsware.




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