Buchkritik -- Martin Schallbruch -- Schwacher Staat im Netz

Umschlagfoto, Buchkritik, Martin Schallbruch, Schwacher Staat im Netz, InKulturA Das Modewort der Politik ist der Begriff der Digitalisierung. In kaum einer Rede oder Aussage wird deren Notwendigkeit bestritten und der weitere Ausbau derselben versprochen. Trotz aller vollmundigen Bekenntnisse bleibt jedoch unklar, was gerade die politisch Verantwortlichen mit diesem Schlagwort verbinden. In der Tat erweist es sich dann auch schnell, dass der Staat, dass die Politik mit der realen, bereits seit Jahren stattfinden Digitalisierung überfordert ist.

Martin Schallbruch, der das Entstehen der Netz- und Digitalpolitik in Deutschland in verantwortlichen Positionen innerhalb der Bundesregierung seit 1998 miterlebt und mitgestaltet hat, zieht eine ernüchterndes Fazit bezüglich der Schwächen von Politik und Verwaltung im Umgang mit der Digitalisierung. Diese stellt keine geringe Herausforderung für ein demokratisches System dar und letzteres ist aktuell dabei, die Kontrolle zu verlieren.

Netzpolitik, Datenschutz und die Etablierung von juristischen Normen im Internet sind, bis auf wenige Ausnahmen bislang eher die Domäne der Internetanbietern. Google, Facebook und andere tummeln sich auf einem Markt, dem der nationale Gesetzgeber noch wenig entgegenzusetzen hat. International agierende Konzerne sind im Besitz von Privatdaten ihrer Nutzer, die über wenig bis gar keine Kontrolle darüber besitzen, was mit ihren Daten geschieht.

Das Internet der Dinge, Schallbruch zählt derer zahlreiche auf, die sich wohl in jedem Haushalt befinden und unser Leben scheinbar leichter machen, zeigt den Begriff der individuellen Verantwortung als vor neuen Fragen stehend auf. Wer trägt z. B. die Verantwortung dafür, wenn mit einem gehackten Smart Meter, einem "intelligenten" Stromzähler digitale Manipulationen ausgeübt werden?

Der Staat ist derzeit schlecht gerüstet für die rasante Entwicklung der digitalen Welt. Zu langsame Entscheidungen, zu lange Entscheidungswege und das juristische Hinterherhinken hinter dem technisch Machbaren bringt ihn in eine Defensive, die so nicht, will er wenigstens im Kern die Kontrolle behalten, gewollt sein kann. So hat die Politik mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz bereits die juristische Kontrolle über strafrechtlich zu verfolgende Beiträge in den "sozialen" Netzwerken an private Kontrolleure abgegeben.

Ob allerdings die Vorschläge Schallbruchs zur Durchsetzung staatlicher Regeln in der digitalen Welt realistisch sind, darf angesichts fehlenden technischen Sachverstands, siehe NetzDG, der politisch Verantwortlichen bezweifelt werden.




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Veröffentlicht am 10. Mai 2018