Buchkritik -- Rafik Schami -- Die geheime Mission des Kardinals

Umschlagfoto, Buchkritik, Rafik Schami, Die geheime Mission des Kardinals, InKulturA Nein, Kardinal in Olivenöl ist keine syrische Delikatesse, sondern, sehr zum Leidwesen des kurz vor seiner Pensionierung stehenden Kommissar Barudi, ein ihm von seinem Vorgesetzten zur Aufklärung überantworteter Mord an einem hohen vatikanischen Würdenträger, der, so scheint es auf den ersten Blick, von Islamisten getötet wurde. Im Interesse der guten Beziehungen zu Italien wird der römische Ermittler Mancini von offizieller syrischer Seite eingeladen, um den Ermittlungen beizuwohnen.

Polizeiarbeit ist, das weiß Barudi aus eigener schmerzhafter Erfahrung, in Syrien kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs – die Ereignisse des Romans spielen im Jahr 2010 – ein zweischneidiges Schwert, denn unter der Diktatur spielen Verwandtschaft und Beziehungen zur Herrscherfamilie eine größere Rolle als objektive Ermittlungsarbeit. Nur allzu oft wurde der syrische Kommissar von seinem Chef auf Weisung höherer Stellen ausgebremst und kann aus diesem Grund seinen Ruhestand kaum erwarten.

Der Kollege aus Italien erweist sich als Kenner und Liebhaber arabischer Kultur, spricht die Landessprache fließend und schnell werden die beiden Männer Freunde, die gemeinsam, jedoch mit unterschiedlichen Temperamenten an den Fall herangehen. Schnell wird beiden klar, dass sie in ein Wespennest verschiedener Interessen gestoßen sind und die Verantwortlichen des Mordes an dem Kardinal und seinem Begleiter so einfach nicht dingfest zu machen sind, weil allen Bemühungen der beiden zum Trotz immer politische Interessen im Hintergrund wirken.

Rafik Schami gelingt es in seinem Roman einmal mehr, Kritik am politischen System Syriens, an der Diktatur und am Herrscher in einem Kriminalfall zu äußern und den Leser mitzunehmen in ein Land, in dem eine von politisch Erlaubten abweichende Meinung schnell zu Verhaftung und Gefängnis führen kann. Der Geheimdienst ist allgegenwärtig und hat Syrien unter seiner Kontrolle. Politische Entscheidungen sind in der Regel von finanziellen Interessen bestimmt und die Elite des Landes lebt, im Gegensatz zu den normalen Bürgern, jenseits moralischer Prinzipien. Barudi jedenfalls vertraut seine wahre Meinung über das Regime ausschließlich einem gut versteckten Tagebuch an.

In diesem Dschungel aus Korruption, Machtmissbrauch und religiösen Konflikten, aber auch Aberglauben und Heuchelei, versucht Barudi seine Integrität zu wahren, was in der Vergangenheit dazu führte, dass er von seinem Vorgesetzten mitunter in seinen Ermittlungen behindert wurde, der auf Weisungen von „oben“ Fälle als erledigt deklarierte, wenn die Täter den oberen Zehntausend angehörten.

Eng verbunden mit der syrischen Diktatur ist die organisierte Kriminalität, die längst in hohen Regierungskreisen Fuß gefasst hat und angesichts deren Wirken und Einfluss auf die Ermittlungen die beiden Polizisten am Ende auf verlorenem Posten stehen.

Leider, und das ist das einzige Manko dieses wieder einmal von Rafik Schami hervorragend geschriebenen Romans, gleiten die beiden Freunde, allen voran Barudi, doch etwas zu oft in übertriebene Sentimentalität ab.




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Veröffentlicht am 27. Oktober 2019