Buchkritik -- Roberto Saviano -- ZeroZeroZero

Umschlagfoto, Roberto Saviano, ZeroZeroZero, InKulturA Wenn ein Buch mit Aufzählungen beginnt, die sich über Seiten hinziehen, dann ist der Leser arg genervt. Wenn der Autor dann auch noch auf diesen Seiten den Eindruck erwecken will, fast die ganze Welt würde Kokain konsumieren, dann wird es dem Leser doch etwas zu bunt und er fragt sich, wie übrigens oft in diesem Buch von Roberto Saviano, wann endlich der Verfasser zum Kern der Sache kommt.

Für Saviano ist es erwiesen, dass wir bereits bei der täglichen Bahnfahrt zur Arbeit von kokainabhängigen Menschen umgeben sind. Der Zugfahrer nimmt es gegen Langeweile, unser Gegenüber aus Gründen der beruflichen Leistungsteigerung, die Schüler wegen Stressabbau bei Prüfungssituationen und die Hausfrau und Mutter zieht es sich durch die Nase, weil sie ihr Leben nicht mehr erträgt.

In seinem Buch "ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht" will Roberto Saviano der Spur des weißen Goldes folgen und dessen gesellschaftlichen und politischen Einfluss der Produzenten schildern und bleibt doch über weite Strecken gefangen zwischen einer dürren Faktenlage und einer fade anmutenden literarischen Verve, mit der er gegen die globale Macht der Kokainmafia zu Felde zieht.

Der Leser erfährt viel, fast zu viel über die Familien, die den Kokainmarkt unter sich aufgeteilt haben. Kolumbianer, Mexikaner, Russen und Italiener geben sich ein Stelldichein des Who is Who des Drogenhandels, aber der Leser erfährt außer bedeutungsschwangeren Formulierungen des Autors kaum belegbare Fakten. Fast, so könnte man meinen, ist Saviano erneut etwas traurig darüber, nicht zum Kreis der Eingeweihten zu gehören, denen Insiderwissen und "Familienzugehörigkeit" gegönnt ist.

Im Ernst, sollen die Leser wirklich glauben, dass ausgerechnet Roberto Saviano die Rolle des inoffiziellen Polizeischreibers zugedacht ist und der von einer streng geheimen Quelle über eine Weltverschwörung des Kokains informiert wurde? Er jedenfalls ist dieser Meinung und versucht unbekümmert über Dinge zu berichten, die Hollywood längst in guten Mafia-Filme abgehandelt hat.

Natürlich ist der Drogenhandel eine der großen Plagen der modernen Gesellschaft und die daran verdienenden Clans und die Organisierte Kriminalität schleusen das damit verdiente Geld vermehrt in den Kreislauf der normalen Wirtschaft. So haben einzig die Drogengelder es verhindert, dass die globale Wirtschaft nach den jüngsten Finanzkrisen zusammengebrochen ist. Doch für diese Erkenntnis brauchte es keinen Roberto Saviano, sondern nur aufmerksame Leser des investigativen Journalismus.

"ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht" ist leider kein hilfreiches Buch für diejenigen, die sich über die Mechanismen des Drogenhandels und dessen steigenden Einfluss auf politische und wirtschaftliche Prozesse informieren wollen. Außer jeder Menge der in diesem Gewerbe wohl üblichen Spitznamen erzählt Roberto Saviano erneut nicht viel Neues. Warum ausgerechnet die Drogenmafia auf seinen Kopf ein Preisgeld ausgelobt haben soll, bleibt auch nach der Lektüre seines neuen Buches mehr als unklar.




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Veröffentlicht am 29. März 2014