Buchkritik -- Barbara Erdmann -- Die Asche der Demokratie II

Umschlagfoto, Buchkritik, Barbara Erdmann, Die Asche der Demokratie II, InKulturA Barbara Erdmann, die in ihren Büchern über deutsch-polnische Mentalitätsunterschiede immer auf der Seite der normalen Bürger hier und dort steht und augenzwinkernd über so manche Skurrilität berichtet, kennt in Bezug auf den derzeit angewandten politischen Irrsinn Deutschlands weniger Zurüchkaltung.

Die "Theatersaison 2017/2018", so der Untertitel der Fortsetzung ihrer Reihe "Die Asche der Demokratie", ist ein Rückblick, ein im Nachhinein veröffentlichter Spielplan bürgerferner und demokratieverachtender Schauspiele auf der Bühne des ideologischen Mainstream. Abgehoben von der gesellschaftlichen Realität, haben sich ausgerechnet die, eigentlich den Willen des Souveräns, also des Bürgers repräsentierenden Volksvertreter zu dessen schlimmsten Feinden entwickelt.

Die Blockpartei CDUCSUSPDGRÜNELINKE hat sich den Staat zur Beute gemacht und jede Stimme - seit der letzten Bundestagswahl gibt es zum Glück endlich wieder eine Opposition, die diese Bezeichnung auch verdient – die offen und dezidiert an den politischen (Fehl)Entscheidungen Kritik übt, wird kurzerhand zum Systemfeind, zum Antidemokraten oder, beliebtes politisches Totschlagargument, zum Träger rechten Gedankenguts und damit als argumentativ nicht satisfaktionsfähig diffamiert.

Es ist leider wieder einmal ein Panoptikum des Schreckens, das Barbara Erdmann für das oft zu kurze Gedächtnis der Zeitgenossen rekapituliert. Die Parteienherrschaft ist, mit großzügiger Unterstützung von Medien, Kirchen, Gewerkschaften, NGOs und sonstigen Lobbyvereinen dabei, das politische und gesellschaftliche System des Sozialstaates zu zerstören.

Sperrangelweit offene Grenzen mit den anscheinend nur für den normalen Bürger täglich zu konstatierenden Ergebnissen, das teure Hofieren des türkischen Autokraten Erdogan, ein mit der "Demokratieabgabe" üppig alimentiertes und zur Hofberichterstattung mutiertes Öffentlich-Rechtliches-Desinformationssystem, schamlose Bereicherung auf Kosten der Steuerzahler, die Liste, die abgearbeitet wird, ist lang und längst nicht vollständig. Es sind Momentaufnahmen eines Deutschlands, das auf dem Weg ist, die über Jahrzehnte und mit vielen Konflikten errungenen sozialen und politischen Erfolge zu verspielen.

Die Lektüre des "Spielplans", und das ist das eigentlich Erschreckende, zeigt aber auch die Lethargie einer großen Zahl der Bürger. Sind sie es nicht, die über Wohl und Wehe ihrer Heimat, übrigens auch ein "verdächtiger" Begriff, entscheiden sollten? Warum, und das ist die sich anschließende Frage, lassen sie es zu, dass, umgangssprachlich ausgedrückt, Deutschland auf den Hund gebracht wird?

Ist es unserem, um nochmals einen "verdächtigen" Begriff zu benutzen, Volk wirklich egal, dass seine Zukunft auf dem Altar einer Ideologie geopfert wird, die das Fremde über das Eigene stellt? Die sich in den Dienst eines gnadenlosen und global agierenden Finanzkapitals begeben hat und dabei die legitimen Interessen der eigenen Bürger verrät? Dass Gier und Machtgeilheit über bürgerliches Ethos triumphieren? Dass das Gemeinwesen zum Opfer von Partikularinteressen wird und dass mit bestimmten Teilen der Bevölkerung Staatsverträge abgeschlossen werden, die in Wirklichkeit Kapitulationsangebote sind? Dass wir inzwischen eine Bundeskanzlerin auf Lebenszeit haben, die aufs Gutsfrauenart einsame Entscheidungen trifft - natürlich alternativlos?

Es kann, sollte es einst zu spät für eine Umkehr sein, niemand sagen, er habe nichts von all den Machenschaften eines sich für die Elite des Landes haltenden Klüngel gewusst, denn die Autorin führt offizielle Quellen - auch in der Öffentlich-Rechtlichen-Verdummung - an, die ihre Aussagen, Beobachtungen und das zu ziehende Fazit bestätigen.

Einer der letzten Absätze des Buches ist es deshalb wert, in voller Länge zitiert zu werden: „Der Wecker, der den Dornröschenschlaf dieses Volkes zu beenden sucht, hat inzwischen die Lautstärke einer Sirene angenommen. Und doch ist die Schmerzgrenze bei der Mehrzahl immer noch nicht erreicht. Zu befürchten bleibt, dass die über Jahrzehnte per Medien politisch und gesellschaftlich eingesetzte Verblödungsmaschinerie beim Volk schon ganze Arbeit geleistet hat und die Hoffnung auf Erkenntnis der Masse nur ein Wunschtraum bleibt.“

Leider teilt der Rezensent den Pessimismus von Barbara Erdmann.




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Veröffentlicht am 28. April 2018