Buchkritik -- Rolf Degen -- Lexikon der Psycho-Irrtümer

Umschlagfoto  -- Rolf Degen  --  Lexikon der Psycho-Irrtümer Die Psychologie und alle Fachbereiche, die mit ihr in Verbindung stehen, ist eigentlich keine, an den strengen Regeln der Wissenschaft gemessen, Wissenschaft. Vielmehr ist sie ein Sammelsurium nicht zu beweisender Theorien. Sie leistet der Scharlatanerie Vorschub, indem sie es ermöglicht, daß quasi jeder Therapeut seine eigene Heilstheorie aufstellen kann und unter der Voraussetzung er hat genug Kunden, bzw. Klienten, davon sogar sehr gut leben kann.

Das zumindest behauptet Rolf Degen in seinem Buch "Lexikon der Psycho-Irrtümer". Er gibt einen Überblick über die meisten psychologischen Theorien und verwirft sie gleichzeitig. Er findet es erstaunlich, wieviele "Pseudotheorien" Eingang in die populär-wissenschaftliche Diskussion gefunden haben und dort ein Aufklärungsresistentes Dasein führen.

Sein Hauptaugenmerk richtet Degen auf die Psychoanalyse. Seiner Meinung nach hat nichts so viel Schaden angerichtet, wie dieser, keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhaltende Psycho-Irrtum. Keine einzige Theorie ist bisher in Versuchen verifiziert worden.

Dabei wendet sich das Buch nicht primär gegen die Psychologie, sondern in erster Linie gegen die falschen Gurus und Scharlatane, die sich auf diesem Gebiet tummeln. Degens Kritik richtet sich hauptsächlich gegen den zur Zeit herrschenden Psycho-Markt. Er verkörpert den klassischen Marktmechanismus: Bedürfnisweckung und Bedürfnisbefriedigung. Jede individuelle Schwäche wird zur Deformation erklärt. Wo früher ein Gespräch unter Freunden reichte, wird heute eine langjährige Analyse praktiziert.

In einer Zeit, die trotz aller scheinbaren Freiheit und Toleranz keine Abweichung von der Norm duldet, eine Zeit des scheinbaren Individualismus, in der die Unsicherheit, trotz aller gegenteiliger Behauptungen, die einzelnen Menschen regiert, in dieser Zeit hat natürlich auch der Psycho-Markt gute Konjunktur.

Die Frage, was denn nun die verschiedenen psychischen Zustände des Menschen verursacht, beantwortet Degen kurz und bündig: Umwelt, genetische Disposition und Zufall sind die ausschlaggebenden Faktoren.

Der Autor läßt an den Auswirkungen der Psychologie, an den diversen Theorien und Offenbarungsähnlichen Manifestationen des Psycho-Marktes kein gutes Haar. In seiner Ablehnung beruft er sich auf jeweils gemachte empirische Untersuchungen und führt diese in seinen Literaturangaben auch an. Dem Leser drängt sich jedoch manchmal der Verdacht auf, daß hier nur eine schon von vornherein gefaßte Meinung bestätigt werden soll.

Wenn er z. B. sagt, daß eine schlimme Kindheit nicht verantwortlich ist für Probleme im Leben eines Erwachsenen, oder wenn er behauptet, daß die modernen Massenmedien keinen Einfluß auf die Entscheidungen des einzelnen Menschen haben, dann sind diese Aussagen doch mit gebotener Vorsicht zu lesen.

Generell jedoch ist sein Buch eine erfrischende Abrechung mit den Psycho-Sekten und hier in erster Linie mit den Psychoanalytikern der Freud`schen Schule. Auch so manch eine "Bewußtseinserweiternde" Sekte bekommt die ihr zustehende verbale Ohrfeige. Wie sagt Degen doch so schön: "Es gibt, wissenschaftlich gesehen, keinen Unterschied zwischen Meditation und einem Mittagsschlaf.




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