Buchkritik -- Midas Dekkers -- Von Larven und Puppen

Umschlagfoto  -- Midas Dekkers  --  Von Larven und Puppen Sind Kinder schon Menschen, oder sind sie "Wesen einer anderen Art"? Das jedenfalls behauptet der holländische Biologe Midas Dekkers in seinem Buch Von Puppen und Larven. Den Leser erwartet ein Feuerwerk aus Fakten und pointierten Bemerkungen über das Thema Kindheit. Diejenigen Leser, die noch nicht mit der Diktion des Autors vertraut sind, werden im ersten Moment etwas befremdet sein, wenn Dekkers nicht müde wird, das Thema Kindheit immer wieder mit dem Larvenstadium von Insekten zu vergleichen. Für ihn kann man die Verpuppung von Schmetterlingen und Libellen durchaus mit der Entwicklung von Kindern vergleichen.

Seine Grundthese lautet: Wenn man eine Raupe wie einen Schmetterling behandeln würde, dann würde sie bald sterben. Jedes Stadium der Entwicklung erfordert eine spezielle Umgebung und viele, vom eigentlichen Ziel der Entwicklung abweichende Faktoren. Braucht der Schmetterling fast keine Nahrung, so ist es das Ziel der Raupe, so viel wie möglich zu fressen. Auf die kindliche Entwicklung übertragen bedeutet dies, daß wir unseren Nachwuchs als das akzeptieren und behandeln sollten, was er ist: eine wandelnde Freßmaschine, dessen Ziel es ist, sich langsam zu einem Erwachsenen zu entwickeln. Weder die Schule, noch das Elternhaus berücksichtigen diesen biologischen Faktor. Anstatt den Kindern in einem dafür äußerst empfänglichen Alter verschiedene Sprachen zu vermitteln, überhäuft man sie mit, in dieser Phase, unsinnigen Kenntnisssen wie Geschichte und Literatur - so Midas Dekkers.

Der Autor gehört zu den Biologen, für die diese Wissenschaft eine absolute Leitfunktion besitzt. Die biologische Entwicklung hat für sie dann auch mehr mit der genetischen Bestimmung zu tun, als mit psycho-sozialen Interpretationen. Die Gene bestimmen die Richtung. Wer meint dagegen handeln zu müßen, der scheitert auf fatale Weise. Wer Kinder in einem Alter, das noch weitgehend dem Spiel und der Entdeckung vorbehalten ist, zu Leistungsmaschinen in Sport oder Musik machen will, hinterläßt gestörte Wesen. Ein Blick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse bestätigt diese These von Dekkers.

Kann man Larven und Puppen erziehen? Nein. Kann man Kinder erziehen? Auch nicht. Die einzige Hilfe, die wir ihnen bieten können, ist die "artgerechte" Versorgung bis zu ihrer Verpuppung in Form der Pubertät. Der Leser wird nicht mit allen Aussagen von Midas Dekkers konform gehen können, jedoch lohnt sich die Lektüre dieses Buches allemal, denn so manche, uns liebgewonnene Überzeugung, wird vom Autor ironisch über den Haufen geworfen.




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