Buchkritik -- Marc Elsberg -- ZERO - Sie wissen, was du tust

Umschlagfoto, Marc Elsberg, ZERO, InKulturA Die digitale Welt gaukelt den Benutzern endlose Freiheit und nahezu unbeschränkte Möglichkeiten vor. Im Gegenzug verlangt sie von ihnen freien Zugriff auf private Daten. Auch wenn der typische Nutzer der Meinung ist, genug für den Schutz seiner Privatsphäre getan zu haben, kann er niemals sicher sein, ob seine Daten, seine E-Mailinhalte oder sonstige, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dinge nicht doch im Hintergrund und unbemerkt ausspioniert werden. Eine weit größere Gefahr besteht jedoch in der freiwilligen Preisgabe privater Daten. Soziale Netzwerke, Internethändler und auch Behörden sind überaus neugierig und sammeln fleißig Informationen über den Besucher ihrer Webseiten.

Marc Elsberg hat mit "ZERO - Sie wissen, was du tust" einen überaus intelligenten und hart an den tatsächlichen Möglichkeiten sich befindenden Roman geschrieben, der die Gefahren einer sich totalitär entwickelnden Netzüberwachung und der möglichen Manipulation des Individuums schildert.

Die Internetplattform "Freemee" ist auf dem besten Weg, der neue Shootingstar der digitalen Branche zu werden. Ihre Apps versprechen den Nutzern individuelle Leistungssteigerung und die Möglichkeit, sich permanent zu verbessern. Um auf dieses Programm zugreifen zu dürfen und seine Möglichkeiten voll auszuschöpfen, ist es allerdings notwendig, dass die User der Software einen unbeschränkten Zugriff auf alle privaten Daten erlauben.

Diese enorme Menge an Informationen über die Kunden dieser Firma weckt natürlich die Begehrlichkeit der Geheimdienste, die sich gern der dahinter stehenden Algorithmen bedienen möchten, um, wie "Freemee", das Verhalten der Menschen voraussagen und steuern zu können. Dagegen kämpft ein geheimes Netzwerk von Internetaktivisten namens ZERO und demonstriert der Öffentlichkeit mit einem an sich harmlosen Drohnenflug, wie einfach es ist, die Privatsphäre des US-Präsidenten, eine hervorragend geschützte Person, mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten der Welt zu präsentieren.

"ZERO - Sie wissen, was du tust" ist die überaus beklemmende Vision einer bereits heute möglichen Welt, in der es gelingt, die Menschen dahingehend zu manipulieren, dass sie, getarnt als vermeintliche digitale Selbstbestimmung, in Wirklichkeit mehr und mehr abhängig werden von den Algorithmen der Programmierer. Denken lassen, statt selber zu denken. Das ist die Devise dieser gar nicht so schönen neuen Welt.

Nicht die Kritik am technisch Machbaren ist das eigentliche Thema dieses Romans, sondern die Bereitwilligkeit, mit der sich die Menschen den Regeln derjenigen unterwerfen, die, stets im Hintergrund bleibend, diese Regeln bestimmen und mit ihnen aus Individuen eine manipulierte Masse formen. Marc Elsberg ist es mit diesem Roman wieder einmal gelungen, eine mögliche Zukunft bereits heute plastisch vor den Augen der Leser erscheinen zu lassen.




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Veröffentlicht am 11. Juni 2014