Buchkritik -- Rolf Peter Sieferle -- Finis Germania

Umschlagfoto, Buchkritik, Rolf Peter Sieferle, Finis Germania, InKulturA Wenn ein kleines Büchlein mit, inklusive eines Nachwortes, 105 Seiten dermaßen die mediale Erregung hervorruft, dass nicht nur sog. Bestsellerlisten frisiert werden, sondern auch angedacht wird, besagtes Büchlein auf den Index zu setzen, dann ist das ein Beleg dafür, wie dünnhäutig die herrschenden Eliten angesichts des wachsenden Unzufriedenheit der Bürger mit dem politischem System Deutschlands geworden sind.

Die Medien, längst zum verlängerten Arm der Politik geworden, überschlagen sich förmlich in geifernden Sprechblasen und transportieren damit letztendlich die Abgehobenheit des Parteiensystems von der gesellschaftlichen Realität. Die Symbiose zwischen einem zur Hofberichterstattung mutierten Journalismus und einer, spätestens seit dem Herbst 2015, kriminell zu bezeichnenden Politik, zielt auf eine dramatische Veränderung Deutschlands ab, die unser Land in seinem Grundfesten zerstören wird.

"Finis Germania", das posthum veröffentlichte letzte Werk von Rolf Peter Sieferle, ist eine luzide Mischung aus Reflexionen, Aphorismen und historischen Analysen über, so Sieferle, "das Verschwinden Deutschlands als historische Größe", von der nur noch ein "wirtschaftsgeographischer Begriff" übrig bleibt.

Die Abkehr von der Politik hin zu einem rein Systemischen, die Abwendung von "... Staat und Geschichte, kristallisiert in Staatsmännern, Führern und Ideologen." und deren "Programme, Werte und Ziele" und die Propagierung einer neuen Ordnung "... ohne Fokus, ohne Werte, Ziele und Programme", deren Credo "Freiheit und Emanzipation für die Individuen. Tugend und Opfer sind Anachronismen, Kriege bloße Konfliktkatastrophen, die es durch geschicktes Management zu verhindern gilt." lautet, ist neben dem von Sieferle herausgearbeiteten "Mythos Auschwitz", der eine nicht zu diskutierende Dimension darstellt, einer der Gründe für die Mutation der Deutschen "...von Helden zu Händlern, (…) von aller Welt verachtet..."

Eine nicht mehr mit dem Wissen um die Notwendigkeit historischer Kontinuität ausgestattete politische Klasse, deren Mediokrität aus dem Verfall der Generationen übergreifenden Verantwortung für das Gemeinwesen resultiert, feiert ihre eigene Unfähigkeit als globalen Universalismus und damit als Ende der Geschichte.

Dabei, und das hat Rolf Peter Sieferle mit seinem letzten Werk klargestellt, ist es nur Deutschland, das an sein Ende gekommen ist. Ein beklemmend hellsichtiger Band.




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Veröffentlicht am 31. Juli 2017