Buchkritik -- Michael Gehler -- Europa

Umschlagfoto  -- Michael Gehler  --  Europa Europa erfährt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine politische Transformation, die am 1. Dezember 2009 mit dem Inkrafttreten des „Vertrag(es) von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Europa als geografischer Begriff war, zumindest in seinen historisch stets fluktuierenden östlichen Grenzen, lange Zeit ein vager Begriff, der sich aktuell in der Frage des Beitritts von Ländern wie der Türkei, aber auch Israels widerspiegelt.

Michael Gehler hat in dem, in der zweiten Auflage erschienenen, Buch Europa - Ideen Institutionen Vereinigung den Versuch unternommen, einen historischen und politischen Überblick über die Entwicklung Europas, ausgehend vom eher diffusen Bild der Antike über einen ersten Versuch der Einigung unter Karl dem Großen, hin zu Nationalstaaten und letztlich dem Versuch der Schaffung eines supranationalen Interessenverbundes zu geben.

Der Autor legt sein Schwerpunkt dann auch folgerichtig auf die seit dem Jahr 1947 unternommenen Versuche, die Staaten dieses Kontinents in einer politisch und wirtschaftlich handlungsfähigen Einheit zusammenzufügen. Der erste und der zweite Teil des umfangreichen Werkes haben daher eher den Charakter einer Einführung in die historischen Grundlagen und die Visionen kontinentaleuropäischen Denkens über einen möglichen Staatenbund.

Im dritten und eigentlichen Hauptteil des Buches zeigt Gehler den, manchmal mühevollen und stets der Gefahr des Scheiterns ausgesetzten, Weg der Vereinigung auf. Lückenlos, deshalb äußerst umfangreich, beschreibt er den Werdegang des europäischen Gedankens nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der mit den Römischen Verträgen vom 25. März 1957 einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte.

Die Vereinigung Europas zu einer handlungsfähigen und wirtschaftlich einflussreichen Institution war und ist ein Prozess, in dem es stets um das Verhältnis von nationalstaatlichen Interessen und gesamteuropäischer Notwendigkeit geht. Michael Gehler beschreibt dieses Ringen um vertragliche Einbindung von Einzelstaaten sehr eindringlich.

Das Buch versteht sich, wie der Autor selber sagt, eher als Nachschlagewerk, denn als in einem Stück zu lesende Abhandlung. In diesem Sinn ist auch der umfangreiche Anhang - Glossar, Chronologie, Literaturverzeichnis - zu verstehen. Europa wird auch in Zukunft das Standardwerk zur Geschichte der EU-Vereinigung darstellen.




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