Buchkritik -- Susanne Gavénis -- Die Gwailor-Chronik

Umschlagfoto, Susanne Gavénis, Die Gwailor-Chronik, InKulturA Eine schwere Bürde lastet auf Dayin, dem erstgeborenen Sohn des Königs von Tarell. Er wird eines Tages, so prophezeit es eine Seherin, seinen Vater heimtückisch ermorden. Diese Voraussage wird sein weiteres Leben auf eine fatale Weise ändern, da es nicht lange dauert, bis die im Geheimen ausgesprochene Prophezeiung in ganzen Land bekannt wird.

Das einst vereinte Königreich Gwailor ist in zwei Hälften geteilt, deren jeweilige Herrscher einander feindlich gesinnt sind und so im Verborgenen agierenden Mächten die Möglichkeit geben, ihre jeweiligen Interessen zu verfolgen.

Susanne Gavénis ist es mit ihrer aktuellen Veröffentlichung "Die Gwailor-Chronik" hervorragend gelungen, die Frage zu thematisieren, wer oder was das Schicksal und den Lebensweg eines Menschen bestimmt. Sind es fremde Kräfte, die über Wohl und Wehe eines Individuums entscheiden; ist sogar bereits im Augenblick der Geburt alles vorherbestimmt oder ist es der einzelne Mensch, der, durchaus in Wechselwirkung mit seinem Umfeld, sein Leben selber bestimmt?

In den beiden Bände der "Gwailor-Chronik" - "Im Schatten der Prophezeiung" und "Schicksalspfade" - erlebt Dayin mehr als eine demütigende Niederlage, die aus der verhängnisvollen Prophezeiung resultiert. Von seinem Vater mit Misstrauen beobachtet und nur von seiner Mutter bedingungslos geliebt, kann er sich während seiner ersten Lebensjahre nicht erklären, aus welchem Grund die ihm nahestehenden Personen ihm gegenüber ein distanziertes Verhältnis demonstrieren.

Eines Tages erfährt er zufällig die Wahrheit über die bei seiner Geburt ausgesprochene Wahrsagung und damit bricht für ihn daraufhin seine bis dahin sicher geglaubte Welt zusammen. Doch mit der Erkenntnis seines Stigmas beginnt für ihn auch der Kampf gegen die Prophezeiung, an dessen Verlauf er mehrmals zu scheitern droht.

"Die Gwailor-Chronik" ist ein Epos über Schicksal, Macht und die Auflehnung gegen Vorhergesagtes. Susanne Gavénis macht daraus eine spannende und mitreißende Lektüre, an der nicht nur die Freunde des Genres Vergnügen haben. Ihre Figuren sind fein gezeichnet und besitzen ihren jeweils eigenen, immer glaubhaft beschriebenen Charakter, der sie zu Manifestationen ihrer Wesenszüge macht, die, stellvertretend für fast archetypisch zu nennende Beispiele der Möglichkeiten des Individuums, dem Roman einen manchmal erschreckenden Bezug zur Realität verschafft.

"Die Gwailor-Chronik", die perfekte Lektüre - nicht nur - für lange Winterabende. Kleiner Wermutstropfen, die Coverbilder muten weitaus martialischer an, als es der Inhalt des Romans tatsächlich ist.




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Veröffentlicht am 26. Dezember 2014