Buchkritik -- Wolfram Frietsch -- Die Illuminaten

Umschlagfoto  -- Wolfram Frietsch  --  Die Illuminaten Geheimgesellschaften, hermetisch abgeschlossene Zirkel und geheime Weltregierungen sind ein beliebtes Thema nicht nur bei Verschwörungsfanatikern, sondern spätestens seit den Erfolgen von Dan Browns Büchern auch ein gewinnbringendes Sujet für Hollywoodproduzenten. Das Attentat auf J. F. Kennedy, die Terroranschläge auf das WTC und die aktuelle Hysterie über eine Konspiration finanzieller Kreise mit dem Ziel, den Euro zu vernichten, all das beweist, dass viele Menschen glauben, es gäbe eine Regierung hinter der Regierung.

Da kommt das Buch von Wolfram Frietsch Die Illuminaten gerade zur richtigen Zeit. Kaum ein anderer Geheimbund wird so oft mit dem Ziel der Weltherrschaft in Verbindung gebracht, wie dieser, 1776 von Adam Weishaupt in Ingolstadt gegründet und bereits 1785 in Bayern wieder verbotene Illuminatenorden.

Der Autor zeigt mit wenig Interesse an Spekulationen, dafür aber mit einer gehörigen Portion historischer Kenntnis, welche Ziele die Illuminaten hatten und wer die einflussreichsten Mitglieder waren. Wer glaubt, dass dieses Buch die angeblichen Geheimnisse dieses Bundes aufdeckt, der sollte lieber die Finger davon lassen und sich dem literarischen Genre der Verschwörungsromane zuwenden. Wessen Interesse jedoch primär in einer philosophischen und politischen Verortung dieser Geheimgesellschaft gilt, der ist bei diesem Autor bestens aufgehoben.

Gleich zu Beginn seiner Untersuchungen erfährt der Leser z. B. Grundlegendes über den schillernden Begriff "geheim". Der ist, so Frietsch, bei Weitem nicht so spektakulär, wie es den Anschein erweckt. Zur Zeit Adam Weishaupts, als sich aufklärerische Tendenzen erst mühevoll ihren Weg durch die absolutistische Herrschaftsform bahnen mussten, war "geheim" das Pendant zum Begriff "öffentlich", der sich als politische Ausrichtung der Obrigkeit darstellte. Jeder Verein, jeder Bund und jeder Orden, in dem sich das neu entstandene Bürgertum versammelte, war per se "geheim", nämlich privat und nicht absolutistisch ausgerichtet.

Mithilfe dieser Definition kann der Autor seinen Lesern die Illuminaten als einen Orden präsentieren, dessen Bestreben es gewesen ist, der Vernunft und dem politischen Selbstbewusstsein des Bürgertums den Weg zu ebnen. Dass er mit diesen Ideen auf politischen Widerstand seitens Kirche und Adel stieß, war nicht verwunderlich. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurden der Illuminatenorden bereits neun Jahre nach seiner Gründung bereits wieder verboten.

Mit dem Verbot kamen die Verschwörungstheorien jedoch erst richtig in Fahrt, sollten doch die Illuminaten jetzt sogar für den Ausbruch der Französischen Revolution, die Entstehung USA - das Allsehende Auge des Siegels der Vereinigten Staaten auf der Ein-Dollar-Banknote wird gern als Symbol der Illuminaten interpretiert - und den Kampf gegen die katholische Kirche verantwortlich sein.

Alles starker Tobak, für den es laut Wolfram Frietsch keine schlüssigen historischen Belege gibt. Die Illuminaten hatten, wie auch die Freimaurer, kein Geheimnis, welches im Verborgenen ruhte und ausschließlich den Eingeweihten vorbehalten blieb. Einer der Gründe übrigens, weshalb sich viele "Sucher" wieder enttäuscht von den Illuminaten abgewandt haben.

Das Buch Die Illuminaten ist ein gutes Beispiel für hervorragend recherchiertes und bestens aufbereitetes Buch, dessen vornehmliches Ziel es ist, zu informieren und im Gegenzug mit Halbwahrheiten und Gerüchten aufzuräumen, die sich um die vor über 200 Jahren im Dunkel der Geschichte verschwundenen Illuminaten ranken.

Wie wir alle wissen, befindet sich die Wahrheit irgendwo da draußen und wer z. B. glauben will, dass Elvis Presley noch lebt oder dass die Illuminaten die Weltherrschaft anstreben, der soll das ruhig tun. Allen anderen stehen die Fakten von Wolfram Frietsch zur Verfügung.




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