Buchkritik -- Hans Bibelriether -- Natur Natur sein lassen

Umschlagfoto, Buchkritik, Hans Bibelriether, Natur Natur sein lassen , InKulturA 1970 wurde mit dem Nationalpark Bayerischer Wald der erste von mittlerweile 16 deutschen Nationalparken gegründet. Seit 1997 hat er eine Größe von über 24.000 Hektar und gilt, zusammen mit dem angrenzenden Böhmerwald, als größte zusammenhängende Waldfläche Mitteleuropas. Zugleich ist der Nationalpark ein Besuchermagnet und zieht jährlich über 700.000 Besucher in die strukturschwache Region.

Seine Entstehung war begleitet von heftigen Diskussionen und teilweise rabiat geführten Auseinandersetzungen über die Nutzung dessen, was wir heute als Naturerbe verstehen. Hans Bibelriether, der erste Leiter des Nationalparks, lässt die Geschichte dieser Entwicklung in seinem Buch noch einmal Revue passieren und den Leser teilhaben an den turbulenten Anfangsjahren und die Konflikte, die sich aus einem Paradigmenwechsel bezüglich des Antagonismus zwischen Kultur- und Naturerbe ergaben.

Was im 21. Jahrhundert längst als nicht mehr hintergehbar akzeptiert ist, Natur um ihrer selbst willen, das war vor noch nicht einmal 50 Jahren Grund für erbitterte Auseinandersetzungen. Natur galt als etwas, was man bändigen, organisieren und nutzen musste. Fern war der Gedanke, dass, zumindest in einigen Gebieten, der Mensch davon Abstand nehmen sollte, hegend, pflegend und ausbeutend einzugreifen, und die Natur sich selbst überlassen bleiben sollte.

Der Autor erzählt vom Ringen um die Realisierung des Nationalparks, den Niederlagen und dem letztendlichen Erfolg des Projekts. Mit Beharrlichkeit, besser gesagt fränkischer Sturheit – Hans Bibelriether ist in Mittelfranken aufgewachsen – und einem festen Plan vor Augen, setzte er sein Konzept des Nationalparks trotz großer Widerstände durch. Nicht zuletzt durch die Unterstützung aus Politik und Medien, es seien hier nur der damalige Ministerpräsident Alfons Goppel und Horst Stern (Sterns Stunde) genannt, erhielt das Vorhaben durch die maßgeblichen Personen an den richtigen Stellen Aufwind und wurde letztendlich zu einem bis heute andauernden Erfolg.

Es sei dahingestellt, ob der oft exzessive Drang zur Ordnung, der sich bezüglich des Umgangs mit der Natur als Einhegung, Austrocknung, Begradigung, etc. manifestiert, eine typisch deutsche Eigenschaft ist, trotzdem durchzieht diese manchmal auch zur Zerstörung neigende Ordnungsliebe und die Kritik daran das Buch von Hans Bibelriether. Ohne den festen Glauben des Autors und seiner vielen Mitstreiter, auch ihnen ist dieses Buch gewidmet, an das damals neue und provozierende Paradigma "Natur Natur sein lassen", hätte das Projekt Nationalpark Bayerischer Wald nicht realisiert werden können.




Meine Bewertung:Bewertung

Veröffentlicht am 3. Juni 2018