Buchkritik -- Ernst Nolte -- Die dritte radikale Widerstandsbewegung: Der Islamismus

Umschlagfoto  -- Ernst Nolte  --  Die dritte radikale Widerstandsbewegung: Der Islamismus Seit Jahren kann man weltweit eine Zunahme islamistischer Bewegungen feststellen. Nicht nur in den bisherigen Kernländern des Islam scheint sich eine Rückbesinnung auf die traditionellen Werte der islamischen Gemeinschaft abzuzeichnen, sondern auch in den Staaten der westlichen Wertegemeinschaft kommt es durch nahezu ungehemmte Einwanderung zu religiös bedingten Konflikten. So scheint sich z. B. Großbritannien aufgrund zahlreicher Scharia-Gerichte und steigenden Einfluss islamischer Kreise langsam aber sicher aus dem Kreis der westlichen Zivilisation zu verabschieden.

Der Historiker Ernst Nolte hat bereits 2009 in seinem Buch Die dritte radikale Widerstandsbewegung: Der Islamismus den Versuch unternommen, den Islam neben dem Nationalsozialismus Hitlers und dem Bolschewismus Lenins als den vielleicht letzten Widerstandsversuch einer (religiösen) Ideologie gegen den Absolutheitsanspruch der Moderne zu interpretieren.

War der Bolschewismus die, global angelegte, Auflehnung gegen den Kapitalismus und die Ausbeutung der Menschen und damit ein universalistisches Versprechen einer Zukunft ohne individuelle Gegensätze, so war der Nationalsozialismus eine bewusste Kehrtwendung gegen die, für Hitler offensichtlichen Gemeinsamkeiten zwischen dem universellen Heilsversprechen von Kapitalismus und Bolschewismus. Sein, Hitlers, Ziel war die Bewahrung der Dominanz der Zivilisation, an dieser Stelle meinte er nicht nur Deutschland, unter Führung einer vermeintlichen "Herrenrasse". (Mit diesem ideologischen Primat lag er, historisch korrekt - in unserer Zeit jedoch politisch unerwünscht-verschwiegen, auf der gleichen Linie von Staatsmännern wie Winston Churchill und Theodore Roosevelt).

Auch der Islam stellt für Nolte ein versuchtes Korrektiv an der, aus moslemischer Sicht, zunehmenden Säkularisierung der Welt. Interessanterweise gibt es den Versuch zu einer global-islamischen Rückbesinnung erst seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Vorher waren, von unbedeutenden Ausnahmen abgesehen, islamisch geprägte Staaten dem westlichen Politikverständnis gegenüber aufgeschlossen. Es gelang jedoch nie, diesen Einfluss umfassend geltend zu machen. Nach dem Ende der kolonialen Phase europäischen Mächte wie z. B. Frankreich, Belgien, England oder Italien, scheiterten die Bemühungen islamischer Politiker, das westliche System zu kopieren.

Ein wesentlicher Aspekt islamischer Ressentiments dem Westen gegenüber ist, so Ernst Nolte, in der Gründung Israels zu sehen. Per Dekret wurde Palästina zur zukünftigen Heimat des jüdischen Volkes bestimmt. Die dort lebenden Araber fielen einer sukzessiven Vertreibung zum Opfer.

Im Kern ist Nolte also zuzustimmen, wenn er diese "Landnahme" als einen wesentlichen Faktor islamischer Feindseligkeit gegenüber dem Westen in Form israelisch-amerikanischer Bündnispolitik darstellt. Es ist jedoch mehr als zweifelhaft, ob der Islamismus als Kampf gegen die Moderne verstanden werden kann. Wenn ihn Nolte, was er leider manchmal sehr ausführlich macht, in einen direkten Vergleich sowohl zum Bolschewismus, als auch zum Nationalsozialismus bringt, dann kann man nicht mehr von einer Widerstandsbewegung gegen die Moderne sprechen. Waren Bolschewismus und Nationalsozialismus bereits moderne Ideologien, erst genannter sogar aufgrund seiner Universalität wesentlich fortschrittlicher als der partikular rückwärts gewandte Nationalsozialismus, so ist im Gegensatz dazu der Islam in seiner aktuellen Erscheinungsform noch nicht einmal in der Moderne angekommen.

Das macht den islamistischen Einfluss jedoch weder unbedeutender noch ungefährlicher. Im Gegenteil - gerade die "Landnahme" ist das einzige Band welches den Islam kombattant vereinigt. Ansonsten frönt er ausgiebig seiner Leiden(s)schaft und beklagt unaufhörlich die Intoleranz westlicher Staaten gegenüber Muslimen. Widerstand sieht anders aus. Davon erzählen die politischen Karrieren Stalins und Hitlers.

Stellt der Islamismus eine Widerstandsbewegung gegenüber der Moderne dar? Die Frage muss im Gegensatz zu Argumentation Noltes verneint werden. Es ist richtig, wenn Nolte vom islamischen Gefühl der Rückständigkeit gegenüber dem Westen spricht. Das allein jedoch ist noch keine Manifestation von Widerstand, sondern eher das islamische Bewusstsein davon, noch in einer vormodernen Zeit gefangen zu sein, deren Asynchronizität es unmöglich macht, mit den Fortschrittsinhabern auf Augenhöhe zu konkurrieren. Islamischer Widerstand manifestiert und beschränkt sich gleichzeitig in blindem Terror, der auch durch universitär gebildete Attentäter nicht "moderner" wird.




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