Philosophie Magazin -- Wandern

Umschlagfoto, Philosophie Magazin, Wandern, InKulturA Wandern, das ist, so definiert es zumindest das Onlinelexikon Wikipedia, "eine Form weiten Gehens von mehreren Stunden". Wandern, das ist vor allem ein moderner Begriff, der erst mit stetig voranschreitender Mobilität, zuerst mit Kutschen, dann mit Eisenbahnen, später mit Flugzeugen und Autos, die Notwendigkeit des zu Fuß unterwegs sein müssen abstrahiert und daraus eine Tätigkeit macht, die weniger dem Ankommen, dem Ziel gewidmet ist, sondern in sich selber ihren Zweck sieht.

Wenn der Mensch von einer existenziellen Notwendigkeit befreit ist, wenn er die Wahl zwischen Alternativen hat, dann setzt mit Sicherheit die Reflexion über das jetzt Neue, nicht mehr zwingende ein und es entstehen Spielräume für Um- und Neudeutungen. Bezüglich des Wanderns gilt: erst als der Mensch zur Überwindung räumlicher Distanz nicht mehr gezwungen war ausschließlich seinen Beinen zu vertrauen, konnte das profane Gehen in diversen Kontexten umgedeutet und sogar zu einem philosophischen Thema werden.

"Wandern", so der Titel der aktuellen Sonderausgabe des Philosophie Magazin ist dann auch ein munterer Spaziergang durch ein Stück Literatur- und Geistesgeschichte. Von Kant bis Kafka, Rousseau bis Thoreau, Benjamin und Baudelaire. Flaneure der Großstadt oder einsame Wanderer, die normale Fortbewegung transzendiert zu einer Stimulanz des inneren Erlebens und sorgt, so jedenfalls Kierkegaard, für "Gesundheit und Heil". Pilgern, ein individuelles und spirituelles Bedürfnis und Protestmärsche, ein kollektives Aufbegehren gegen Missstände, auch das sind Formen des Wanderns nicht um seiner selbst willen, sondern Mittel zur inneren oder äußeren Erlösung.

Auch diese Sonderausgabe bietet dem aufmerksamen Lesepublikum wieder zahlreiche literarisch-philosophische Rosinen, die vorzugsweise in einer bequemen Sitzhaltung genossen werden sollten.





Veröffentlicht am 1. Juli 2018