Buchkritik -- Harry Stoll -- Die Muse eines Schriftstellers

Umschlagfoto  --  Harry Stoll  --  Die Muse eines Schriftstellers Sie glauben, daß in Ihrem Leben einiges schief läuft? Sie denken, daß nur Sie in wichtigen Situationen Pech haben? Dann sollten Sie einmal den kleinen Band Die Muse eines Schriftstellers mit Kriminalgeschichten von Harry Stoll lesen. Sie werden sehen, daß es andere Figuren gibt, die noch weitaus mehr vom Pech und vom Unglück zur falschen Zeit an der falschen Stelle gewesen zu sein, betroffen sind als Sie.

In dem kleinen, aber überaus intelligent und überraschungsreich geschriebenen Buch wimmelt es nur so von schwarzem Humor und unerwarteten Wendungen. Da kann schon einmal, wie in "Das gefundene Handy", ein biederer Versicherungsangestellter durch den Fund eines dieser elektronischen Plagegeister zu Tode kommen. Da sorgt auch schon mal eine flüchtige Kneipenbekanntschaft dafür, daß das "Malern bei Oma Kowalski" nicht ohne juristisches Nachspiel bleibt. Wer bislang auch noch geglaubt hat, daß Kommunalpolitik den zwar oft unlogischen, aber zwingenden Gesetzen des öffentlichen Interesses dient, der wird in "Private Ermittlungen" eines besseren belehrt und auf der Suche nach dem perfekten Verbrechen wird der Leser in "Der Schrei" fündig

Insgesamt zwanzig kleine Geschichten sind in dem Band veröffentlicht und wirklich jede von ihnen überrascht den Leser mit, zumindest für die handelnden Personen, tragischen Pointen. Da wird eine Verwechslung wie in "Autos machen Leute" für einen kleinen Automechaniker schon mal zu einer existenziellen Entscheidung über Leben und Tod, aber auch hinter der scheinbar so heilen Fassade von gutsituierten Bürgern wird die dünne Schicht der Zivilisationn sichtbar - nachzulesen in "Einbruch ohne Diebstahl". Die Figuren sind Leute wie Sie und Ich. Jeden kann es jederzeit treffen. Jeder noch so ausgeklügelte Plan kommt durch die Widrigkeiten der Umstände zu Fall. Sicherheit und Verläßlichkeit? Fehlanzeige!

Die Muse des Schriftstellers ist eines derjenigen Bücher, nach dessen Lektüre der Leser bedauert, daß sie schon beendet ist. Wer also jeden Morgen schlecht gelaunt zu seinem Tagewerk fährt, eingeklemmt zwischen andere mißmutige Zeitgenossen, wer seinen Chef für einen Blödmann hält, wem die Freude über sein abhängiges Lohnverhältnis längst vergangen ist, der sollte sich dieses Buch besorgen. Mit seiner Hilfe wird er vor Augen geführt bekommen, das es Andere gibt, deren Probleme weitaus größer sind.

Wie schon gesagt: "Wenn Sie denken, daß Sie ein Problem haben..."




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