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Auch im achten Band um das Ermittlerduo Cormoran Strike und Robin Ellacott kann man Robert Galbraith, wir alle wissen, wer hinter dem Pseudonym steckt, eine gewisse literarische Opulenz nicht absprechen. Doch was nützt ein wuchtiger Umfang, wenn er nicht mit Substanz, sondern mit ermüdendem Füllmaterial angehäuft ist? Mit seinen 1248 Seiten übertrifft „Der Tote mit dem Silberzeichen“ beinahe jedes Maß des Erträglichen, und ist zugleich der schwächste Roman der gesamten Serie. Zum Vergleich: Tolstois „Krieg und Frieden“ bringt es, je nach Ausgabe, auf ca. 1500 Seiten. Der Unterschied liegt darin, dass Tolstoi mit jeder Seite eine Welt eröffnet, während Galbraith den Leser durch Nebensächlichkeiten und Wiederholungen quält.
Der eigentliche Fall, ein verstümmelter Toter in einem Tresorraum eines Silberhändlers, der Freimaurerutensilien anbietet, klingt zunächst vielversprechend. Decima Mullins ist überzeugt, das Opfer sei ihr verschwundener Geliebter, der der Vater ihres vor Kurzem geborenen Kindes ist. Die Polizei präsentiert jedoch den Namen eines anderen Mannes, woraufhin Strike und sein Team eingeschaltet werden. Stoff für Spannung wäre also durchaus vorhanden. Doch was folgt, ist ein quälend in die Länge gezogenes Labyrinth aus familiären Nebenschauplätzen, seitenlangen Beschattungsprotokollen und emotionalen Scharmützeln zwischen den Hauptfiguren.
Gerade das Verhalten von Cormoran und Robin, die nach all den Bänden noch immer in einer spätpubertären Hängepartie aus unausgesprochenen Gefühlen, missverständlichen Andeutungen und eifersüchtigen Reaktionen gefangen sind, macht die Lektüre zur Tortur. Anstatt ein erwachsenes Ermittlerpaar zu zeichnen, das sich mit Professionalität und analytischem Scharfsinn auszeichnet, degradiert Galbraith seine Protagonisten zu Figuren einer endlosen Seifenoper. Dieses emotional pubertäre Herumgestolper zerstört nicht nur das Tempo der Handlung, sondern auch das letzte Quäntchen Glaubwürdigkeit.
Das größte Ärgernis ist jedoch die ausufernde Länge. Der Roman wird aufgebläht durch ein Heer an Nebenfiguren, deren Familiengeschichten breit ausgewalzt werden, ohne dass sie für den Fall Relevanz hätten. Dazu gesellen sich ständige Wiederholungen: Ergebnisse von Beschattungen werden jedem Teammitglied erneut präsentiert, Rückblicke auf zentrale Punkte der Serie, die jeder Stammleser längst kennt, und Zusammenfassungen von Ereignissen, die wenige Kapitel zuvor geschildert wurden. All das ist nicht nur überflüssig, sondern wirkt wie eine Missachtung der Geduld des Lesers. Wer sich ernsthaft auf dieses Werk einlässt, tut gut daran, Stift und Papier bereitzuhalten, um nicht in der Namens- und Beziehungsflut unterzugehen.
Am Ende bleibt ein „Kriminalroman“, der eher eine Liebesschmonzette oder ein Familiendrama sein möchte. Der überraschende Schluss wirkt überhastet, unlogisch und wie ein Fremdkörper, als wolle die Autorin nach 1200 Seiten plötzlich doch noch Krimi liefern, ohne die erzählerische Disziplin aufzubringen, die dafür notwendig wäre.
„Der Tote mit dem Silberzeichen“ ist damit weniger ein literarisches Ereignis als vielmehr eine Zumutung für treue Leser. Geduld, und nochmals Geduld, sind die einzigen Eigenschaften, die man beim Lesen kultivieren kann. Wer hingegen Spannung, stringente Handlung und Charakterentwicklung sucht, ist hier fehl am Platz.
Fazit: keine Leseempfehlung.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 7. Oktober 2025