Das philosophische Wirtschaftsmagazin -- agora42 -- 02/2019

Umschlagfoto, Das philosophische Wirtschaftsmagazin, agora42, InKulturA Natur und Wirtschaft, dazwischen der Mensch, der sich daranmacht, erstere aufgrund Interessen zugunsten letzterer zu zerstören. Ausgehend davon, dass Natur kein Konstrukt ist, sondern das, was durch deren Ressourcen unseren kurzen Aufenthalt auf der Welt überhaupt erst ermöglicht, so wird dadurch explizit deutlich, dass es keine Ökonomie gegen, sondern nur im Einklang mit der Natur geben kann und darf. Das biblische „... füllet die Erde und machet sie euch untertan“ (Gen 1,28), steht für den konsumistischen Umgang mit ihr und führt letztendlich, wir erleben derzeit die sich mehrenden Auswüchse dieser fatalen Vorstellung, in eine Zukunft, deren Konsequenzen kaum absehbar sind.

Es ist dieses fatale Verhältnis des Menschen zur Natur, das sich wie ein roter Faden durch die aktuelle Ausgabe von agora24 zieht. Tanja Will, spricht von der „inneren Wüste“, die zu entgrenzen droht und sich in der Verwüstung des Äußeren widerspiegelt. In der Tat scheint es der Fall zu sein, dass sich das westlich-materialistisch sozialisierte Individuum trotz der in seiner Geschichte einmaligen Freiheit(en) an eben diesen verzweifelt und nicht mehr in der Lage ist, seiner Existenz Sinn zu geben. Man, im Sinn Heideggers, erfreut sich an Konformität, obwohl sich doch jeder für einzigartig hält, hat Angst vor Neuem und gefällt sich in der Rolle des passiven Konsumenten.

Ausgerechnet die von einer technologischen Avantgarde sehnsuchtsvoll erwartete künstliche Intelligenz soll uns von allen Übeln befreien. Carola Hesse-Marx legt den Finger auf eine schwelende Wunde aktueller menschlichen Befindlichkeit. Es scheint, als hat der bis zum Überdruss industrialisierte Westen – große Teile der Welt haben ganz andere, nämlich existenzielle Probleme –, die Hoffnung verloren, Lösungen zu finden. „Der [...] übersättigte Mensch [...] hat psychischen ‚Hunger‘ nach zwischenmenschlicher Geborgenheit“, so die Autorin dieses Artikels, die damit direkt auf die „inneren Wüsten“ von Tanja Will verweist. Künstliche Intelligenz als Erlösung kann und wird nicht funktionieren.

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos, so jedenfalls Reinhard Loske, der, auch wenn es viele gibt, die das bezweifeln, der Meinung ist, „... dass es auch innerhalb des Kapitalismus Bereiche gibt, in denen neue Praktiken eingeübt und neue Technologien entwickelt werden können, kurz: wo wirklich Neues entsteht.“ Die gelassene Stimme eines Mannes, der es den Menschen zutraut, für die von ihnen hervorgerufenen Probleme Lösungen zu finden und der nicht bereit ist, in den Weltuntergangschor vornehmlich junger Menschen einzustimmen.

Philippe Merz hält dem Trendsetter moderner Provenienz den Spiegel vor. Erlebnishungrig, bei maximaler Bequemlichkeit. Natur als Staffage saturierter Großstadtmenschen, denen der Ausblick aus dem Fenster eines Restaurants auf 3000 Höhenmeter als authentische Erfahrung gilt. Natur als Konsumobjekt längst sich selbst entfremdeter Individuen. Der Kreis schließt sich, die innere Wüste zerstört das Äußere, der Hunger nach Geborgenheit gebiert eine Erlösungsvorstellung, in der, wie es Carola Hesse-Marx formuliert, „... alles Nichtpassende passend gemacht oder beseitigt wird.“

Garantiert der falsche Weg.





Veröffentlicht am 7. April 2019