Buchkritik -- Oliver Meiler -- Agromafia

Umschlagfoto, Buchkritik, Oliver Meiler, Agromafia, InKulturA Die weltberühmte Tomate von Pachino, kalabrisches Olivenöl, Büffelmozzarella aus Kampanien und Parmaschinken aus der Emilia sind nur einige Lebensmittel, die die italienischen Momente überall auf der Welt möglich machen. Genuss und Geschmack Made in Italy, exportiert in viele Länder der Welt, ist ein Milliardengeschäft, das, wie alle lukrativen Unternehmungen, auch die anlockt, die darin exorbitante und steuerfreie Gewinnmöglichkeiten sehen.

So ist es kein Wunder, dass sowohl die kalabrische 'Ndrangheta als auch die sizilianische Cosa Nostra und die Camorra in diesem Gewerbe ein festes Standbein besitzen. Unter dem von Außenstehenden gern benutzten Sammelbegriff Mafia entfaltet das organisierte Verbrechen neben seinen anderen Erwerbszweigen wie Rauschgifthandel, Transport-, Baustoff- und Entsorgungsgewerbe viel Phantasie, um sich neue Einkommensquellen zu erschließen.

Was liegt da näher, als sich im großen Stil die kulinarischen Exportschlager Italiens unter den Nagel zu reißen und mit diesen Produkten, die über eine beeindruckende kriminelle Logistik von den Erzeugern über die verarbeitende Industrie bis auf die Tische und Ladentheken der Geschäfte verfügen, Kasse zu machen?

Oliver Meiler unternimmt mit seinem Lesepublikum eine Reise vom südlichsten Zipfel des italienischen Stiefels nordwärts bis zu den dunklen, nassen und kalten Ländern des europäischen Kontinents, die, zusammen mit den weit entfernt über Atlantik und Pazifik gelegenen Abnehmern und Genießern des guten Geschmacks, zumindest für wenige Stunden das mediterrane Lebensgefühl kosten und spüren möchten.

Es ist sowohl eine kulinarische Reise als auch eine Exkursion durch die kriminellen Machenschaften der Clans und Familien, deren jüngste Generation nicht mehr nur mit der Lupara, eine Flinte, bei der sowohl Lauf als auch Kolben gekürzt wurden, unterwegs ist, sondern, ganz der moderne Geschäftsmann, mit Laptop und Hochschulausbildung.

Eines ist jedoch gleich geblieben. Ganz nach Sitte der Vorväter wird dort geerntet, wo nicht gesät worden ist, sprich mit Diebstahl, Betrug, Erpressung und anderen robusten Methoden Gewinne generiert. Minderwertiges Olivenöl zu teuren Preisen verkauft. Mozzarella di bufala aus der Milch rumänischer Kühe produziert und Parmaschinken aus..., na jedenfalls nicht in der Emilia hergestellt.

Der globale Wunsch nach italienisch-mediterranem Genuss verschafft der organisierten Kriminalität enorme Gewinne, die, kurios aber wahr, in deren eigenen Restaurants legalisiert werden und in den Fluss des ehrlich erworbenen Geldes eingeleitet werden.

„Agromafia“ ist ein Sachbuch, das sich, auch wenn der Leser manchmal den Überblick über die involvierten Familien und Clans verliert, über weite Strecken wie ein Kriminalroman liest.




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Veröffentlicht am 3. April 2021