Buchkritik -- Alessandra Comini -- Der Beethoven Bumerang

Umschlagfoto, Buchkritik, Alessandra Comini, Der Beethoven Bumerang, InKulturA Manchmal dauert es etwas länger, bis eine Postsendung ihren Adressaten erreicht – oder auch nicht. Im Fall des in Leipzig bei Abrissarbeiten gefundenen Pakets immerhin fast 200 Jahre und dessen Inhalt ist dazu angetan, für Wirbel in der Musikwelt, genauer gesagt, der klassischen zu sorgen, denn nichts weniger als drei von Beethoven handschriftlich verfasste Dokumente, ein Brief und zwei Partituren, sind der sich im weiteren Verlauf als brisant erweisende Inhalt der lange verschwundenen Sendung.

Der Zufallsfund sorgt in der nach außen bildungsbürgerlich gepflegten Welt der Musikkenner und -liebhaber für Aufregung, könnte er doch bislang ungelöste Fragen im Leben und Schaffen des Komponisten beantworten. Da passt es hervorragend, dass die amerikanische Kunsthistorikerin Megan Crespi und ihr Kollege William Meridian gerade in Bonn, dem Schauplatz dubioser und gewalttätiger Vorfälle rund um die lang verschollene Postsendung, angekommen sind, um, wie passend, an einem Beethoven-Symposium teilzunehmen.

Alessandra Comini lässt in ihrem Roman ein schier irrwitziges Spektakel seinen Lauf nehmen, in dessen Abfolge sich unter dem dünnen Firnis der Oberfläche scheinbar honoriger Bürger und Bürgerinnen, allesamt kulturschaffende Personen, menschliche Abgründe öffnen, die sich weit jenseits von Anstand und Moral befinden.

Eine mordende Maestra, ein zu allem bereiter Museumsdirektor, ein angeblich direkter Nachkomme Beethovens, ein mit zweifelhaftem Ruf behafteter japanischer Komponist, nicht zu vergessen der Aktivist, der zusammen mit Gleichgesinnten die Behauptung aufstellt, der Komponist hätte afrikanische Wurzeln. Sie alle kochen ihr eigenes Süppchen auf der Flamme dessen, was als Mythos Beethoven bezeichnet wird. Hinter der Fassade der Ehrbarkeit des Kunst- und Musikbetriebs lauern Geltungssucht, über Leichen gehende Karrierepläne und finanzielle Interessen der Beteiligten.

Aus dieser Gemengelage sich gegenseitig ausschließender Interessen macht die Autorin einen rasanten Kriminalroman, der zudem mit vielen musikhistorischen Verweisen aufwartet. Das Lesepublikum darf sich auf die weiteren Fälle von Megan Crespi freuen.




Meine Bewertung:Bewertung

Veröffentlicht am 29. November 2021