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Buchkritik -- Eli Cranor -- Bis aufs Blut

Umschlagfoto,Buchkritik, Eli Cranor, Bis aufs Blut, InKulturA „Bis aufs Blut“ spielt in Cranors Heimatstaat Arkansas in den Wochen vor der dortigen High-School-Football-Meisterschaft. In einer kleinen Stadt am Fuße der Ozarks, deren Geflügelfarmen buchstäblich zum Himmel stinken, haben die Denton Pirates zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt eine Chance auf den Titel. Dies ist zum einen dem neuen Cheftrainer des Teams, Trent Powers, zu verdanken, einem Bibelgläubigen und in Kalifornien gescheiterten Trainer, der in Denton mehr für seinen Prius als für sein Können bekannt ist, und Billy Lowe, einem unberechenbaren und aufbrausenden Running Back, dessen schwieriges Familienleben zu heftigen Aktionen und brutalen Fouls auf dem Feld führt. Während Trent versucht, Billys Gewalt für die Playoffs zu nutzen, erscheint die Siegesserie der Pirates in Gefahr, denn ein Kampf in Billys Trailer, in dem er mit seiner Familie lebt, endet in einer Mordermittlung.

Der Roman ist eine eindringliche Reflektion über die Zusammenhänge zwischen Zärtlichkeit und Gewalt und darüber, wie Jungen wie Billy Lowe und Männer wie Trent Powers zwischen beiden gefangen sind. Billy erzählt die Hälfte des Romans aus seiner ungeschönten, harten Ich-Perspektive. Während der Lektüre erfahren die Leser durch seine eigenen Augen und mit seiner eigenen Stimme von der Gewalt, die Billy in sich aufgestaut hat, und wie diese Gewalt als Ersatz für all die Emotionen und Verhaltensweisen dient, die er nie gelehrt bekommen hat, von denen er nicht weiß, wie damit umzugehen.

So wie Cranor nicht vor Beschreibung der Gewalt im Football zurückschreckt, ignoriert er auch nicht den Rassismus, den Klassenhass oder den Sexismus des Spiels. Don Bradshaw, der Rektor der High School, macht eklatante rassistische Bemerkungen über Billys mögliche Abstammung, und Billys wird im Laufe des Romans aufgrund dessen immer wieder von Bradshaw und anderen damit konfrontiert. Powers steht unter dem Druck, auch die weniger talentierten Söhne von Dentons Oberschicht ins Spiel zu bringen, und Billy ist aufgrund von Klassenbarrieren ständig von seinem Team isoliert.

Die Frauen in diesem Roman leben alle im Umfeld von Dentons Footballkultur, die nur Männern vorbehalten ist, und es bleibt ihnen überlassen, ihre Entscheidungsfreiheit durch Sex und Häuslichkeit zu behaupten. Am deutlichsten wird dies an Tina – Billys Mutter und einer der tragischsten Figuren im Buch –, die durch die Ereignisse um sie herum alles verliert, aber nie aufhört, ihre Jungen zu lieben; allerdings weit entfernt vom üblichen mütterlichen Klischee.

Cranors Schreibstil ist fesselnd und seine Charakterisierungen sind nahezu realistisch – und hart. Der anfängliche Eindruck, dass Billy simpel gestrickt und dumm ist, verwandelt der Autor im weiteren Verlauf des Buches gekonnt in den eines komplexen Menschen, der als einzige Figur im Roman eine Entwicklung durchmacht.

Die Spielszenen sind perfekt beschrieben. Kein Wunder, denn der Autor hat selber Profifootball gespielt. Trotz irritierender Wendungen wurden alle Handlungsstränge hervorragend zusammengeführt. „Bis aufs Blut“ ist Eli Cranors erster Roman und ein fulminanter und atmosphärisch dichter dazu. Klare Leseempfehlung.




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Veröffentlicht am 26. April 2024