Buchkritik -- anonymus -- Deep Web

Umschlagfoto, anonymus, Deep Web, InKulturA Wenn ein Autor sich mit dem sog. Deep Web, dem Netz innerhalb des Netzes, beschäftigt und seine Leser über die Hintergründe, Möglichkeiten und technischen Voraussetzungen informieren will, dann erwarten diese nur eines, Fakten und knallharte Informationen. Wenn dieser Autor dann auch noch anonym veröffentlicht - unter dem zur Zeit ach so modernen und wohl die Buchverkäufe ankurbelnden Autorennamen "anonymus" - dann muss doch, verdammt noch mal, auch was dran sein an der Geschichte.

Im Fall des Buches "Deep Web - Die dunkle Seite des Internets", von, natürlich "anonymus", das über den Teil des Internets informieren will, der den meisten Nutzern unbekannt sein dürfte und dessen Zugang einzig das Tor-Netz ermöglicht, ist jedoch mehr Schein als Sein angesagt.

Da macht sich der Autor also auf, um in den Weiten des Darknets zu recherchieren und es gelingt ihm auch nicht nur ansatzweise, Kontakte zu den ihm vom Hörensagen bekannten Waffenhändlern und Auftragsmördern zu erhalten. Reißerisch wird von dunklen Machenschaften berichtet, die im Tot-Netzwerk stattfinden, doch der Leser wird, bis auf markige Sprüche über drohende Gefahr und die dem Autor mangelnden Kenntnisse der Szenesprache, die, so "anonymus", den Laien im Deep Web keine Mitspielmöglichkeiten geben, genervt.

Zwischendurch gibt es Interviews mit Ermittlern und sog. Szenekennern, die dem Leser jedoch auch nicht mehr verraten, als der dürftige Inhalt des Buches. Der Autor, nach Verlagsinformationen "... spezialisiert auf Reportagen in kriminellen und schwierigen Milieus." pendelt zwischen Ratlosigkeit und angekündigten Sensationen, die letztendlich in einer selbstgefälligen Paranoia endet, denn "anonymus" fühlt sich mehr und mehr beobachtet - nur weiß niemand von wem.

Das im Buch ansatzweise erklärte Tor-Projekt, das, so "anonymus", mehr oder weniger, meist weniger, anonymes Surfen ermöglichen soll, wurde, große Lachnummer, ausgerechnet, und ich zitiere an dieser Stelle mal Wikipedia, "In der Anfangszeit von 2001 bis 2006 [...] durch das United States Naval Research Laboratory mit Unterstützung des Office of Naval Research (ONR) und der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA)" unterstützt. Zudem, ebenfalls laut Wikipedia, finanzierte sich das Projekt im Jahr 2012 zu etwa 60% aus Zuwendungen der US-Regierung. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

"Deep Web - Die dunkle Seite des Internets" ist ein Buch, das den interessierten Leser ratlos und genervt zurücklässt.




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Veröffentlicht am 6. Dezember 2014