Buchkritik -- Paulo Coelho -- Die Spionin

Umschlagfoto, Buchkritik, Paulo Coelho, Die Spionin, InKulturA Der langen Liste literarischer Verarbeitungen des Lebens der Margaretha Geertruida Zelle, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Mata Hari, fügt Paulo Coelho eine weitere zu und doch erfährt der Leser nichts Neues über diese Frau, die immer noch ein Mythos des Geheimnisvollen und Anrüchigen umwebt, der, auch gemessen an heutigen Lebensentwürfen, immer noch die Phantasie derjenigen, die sich mit dem Leben dieser Frau beschäftigen, anregt.

Dabei, seien wir ehrlich, ist es ausschließlich dieser Mythos, der, geht man ihm auf den Grund, deutlich macht, was diese Frau gewesen ist: eine Tänzerin, eine Mätresse und, als ihre Karriere steil nach unten zeigte, eine vom Deutschen Geheimdienst angeworbene Person, die ihrem Auftraggeber vieles mitteilte, jedoch keine militärischen Geheimnisse der Franzosen.

Durch einen letzten Brief, geschrieben in der Nacht vor ihrer Exekution, gibt Coelho seiner Figur die Möglichkeit, ihr Leben zu rekapitulieren. Dabei spielt er immer mit dem Klischee der armen und unverstandenen Frau, die Mal für Mal Gefahr läuft, an den Umständen zu zerbrechen, die sich jedoch auf ihre eigene Weise diesem Mechanismus entzieht und als, heute würden wir sagen, Performancekünstlerin und Edelcallgirl ihren Weg in die sog. besseren Kreise finden will. Allein die Masche "Pretty Woman" funktioniert nicht und Mata Hari wird zwar die Geliebte vieler einflussreicher und monetär gut ausgestatteter Männer, doch ihre gesellschaftliche Position bleibt prekär.

So ist der Roman "Die Sponin" eine eher langweilige Pseudobiographie einer Frau, die weder über Bildung - sie gibt es selber zu - noch über den Willen verfügt, gegen gesellschaftliche Konventionen aufzubegehren. Doch gerade das will Coelho dem Leser demonstrieren, eine Frau, die selbst- und zielbewußt ihr Leben gestaltet, letztendlich jedoch immer an den Umständen scheitert.

Das alles ist literarisch ein bisschen dick aufgetragen, denn in Wirklichkeit dürfte die Figur Mata Hari nur eine Opportunistin gewesen sein, die sich, solange ihre weibliche Reize funktionierten, eine bessere gesellschaftliche Position "erschlafen" wollte.

Nur Tugendapostel und der Bigotterie nicht abgeneigte Personen mögen das verwerflich und unmoralisch halten. Wenn eine Frau mithilfe ihrer biologischen Ausstattung versucht, ihren Stellenwert zu verbessern, ist das durchaus legitim. Wenn aber ein Autor daraus dann die Legende von einer Außenseiterin, die sich gegen Konventionen zur Wehr setzt, erschafft, dann ist das doch etwas ärgerlich.




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Veröffentlicht am 27. Dezember 2016