Buchkritik -- Andreas Eschbach -- Freiheitsgeld

Umschlagfoto, Buchkritik, Andreas Eschbach, Freiheitsgeld, InKulturA In Europa ist das Paradies Realität geworden. Jedenfalls in naher Zukunft, denn die Bürger wurden von der Fron der abhängigen Beschäftigung, sprich von der Arbeit befreit und können sich jetzt, dank, wie es genannt wird, Freiheitsgeld, entscheiden, ob sie vor dem Fernseher verfaulen wollen oder einer sie befriedigenden und sinnvollen Arbeit nachgehen. Kleiner Wermutstropfen für die, die noch malochen wollen, die steuerliche Belastung ist extrem hoch. Kein Wunder, denn die Faulenzer wollen alimentiert werden.

„Freiheitsgeld“, so auch der Titel des Romans von Andreas Eschbach, ist eine eher dystopische Vision, dessen was realiter heute bereits angedacht wird. Das BGE, das Bedingungslose Grundeinkommen, soll, so die Vision der daran interessierten Kreise, die Menschen durch eine selbst bestimmte Tätigkeit zu glücklichen und zufriedenen Bürgern machen. Na ja...

Ahmad Müller, ein junger und motivierter Steuerfahnder, erhält die Chance, bei der „richtigen“ Polizei in einem brisanten Fall mitzuarbeiten. Der Politiker, der das Freiheitsgeld eingeführt hatte, wird tot aufgefunden und nahezu zeitgleich wird der Journalist, der einer seiner schärfsten Kritiker gewesen ist, ermordet.

Je tiefer Müller – und am Rande seine Kollegen – sich in die seiner Meinung nach zusammenhängenden Fälle hineinarbeitet, desto klarer wird es für ihn, dass mehr hinter dem zwiespältigen Verhältnis zwischen dem Politiker und dem Journalisten besteht, als es offiziell verlautbart wird.

Jetzt also ein Roman, Thriller wäre etwas übertrieben, zum aktuell kontrovers diskutierten Thema BGE. Auch wenn es ein fiktives Werk ist, positioniert sich Eschbach doch sehr eindeutig und beschreibt eine Zukunft, die nicht das hält, was von Politikern einst versprochen wurde.

Die Gesellschaft ist dreigeteilt, besser ausgedrückt, sie ist gespalten. Da gibt es die Vielen, die nichts oder nur wenig besitzen und nur mit dem Freiheitsgeld ohne Ziel und Motivation vor sich hin leben. Dann gibt es die Wenigen, die arbeiten, von ihrem Lohn jedoch einen hohen Anteil Steuern zahlen müssen, weshalb die Steuerfahndung sich nicht über mangelnde Arbeit beklagen kann, denn liegt in der menschlichen Natur, so viel Geld wie möglich für sich zu behalten.

Und dann gibt es die Einzelnen, die über das globale Vermögen verfügen können und die daran interessiert sind, dass die Massen dort bleiben, wo sie hingehören: in den Ghettos der Großstädte, wo ihre Bedürfnisse durch Roboterdienste befriedigt werden. Überhaupt die Roboter, sie haben fast alle Tätigkeiten der Menschen übernommen und nicht zuletzt aus diesem Grund musste das Freiheitsgeld eingeführt werden, weil es für die Humanoiden nicht genügend Arbeit mehr gab.

Wer es sich leisten kann, oder, wie Eschbach es erzählt, ausgewählt wurde, lebt in gated communities, von der Außenwelt fast hermetisch abgeschlossen und von einem eigenen Sicherheitsdienst beschützt. Die Massen hausen dagegen in Plattenbauten, deren Lebensmittel kommen aus dem Labor und alle werden mit dummen TV-Shows ruhiggestellt. Es gibt eine staatliche Totalüberwachung und Drogen quasi auf Krankenschein. Auf diese Weise ruhig gestellte Bürger haben glücklicherweise keine politischen Interessen mehr und stellen für die Herrschenden keine Gefahr dar.

Nein, es ist keine schöne neue Welt, die Andreas Eschbach da beschreibt und am Ende wird der junge Polizist in das Vorhaben der Einzelnen eingeweiht, die, so viel ist klar, ihre eigene Agenda umsetzen werden. Ahmad Müller muss sich also für eine Seite entscheiden.




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Veröffentlicht am 5. September 2022