Buchkritik -- John Grisham -- Der Polizist

Umschlagfoto, Buchkritik, John Grisham, Der Polizist, InKulturA Erneut muss sich Jake Brigance für die Rechte des, wie es so gern genannt wird, kleinen Mannes einsetzen und das hat in Mississippi sowohl mit der Rassenproblematik – siehe die ersten beiden Fälle des Rechtsanwalts in „Die Jury“ und „Die Erbin“ – als auch mit dem Rechtsverständnis in diesem Bundesstaat zu tun.

Law and Order, das ist die Devise der erbosten Bürger, als Brigance gegen seinen Willen zum Pflichtverteidiger des gerade 16jährigen Drew Gamble bestimmt wird, der den gewalttätigen Freund seiner Mutter erschossen hatte, nachdem er und seine Schwester mitanhören mussten, wie der total betrunkene Mann ihre Mutter vermeintlich totgeschlagen hatte. Pikante Note, der Mann war der beste Deputy des Bezirks und bei allen Bürgern sehr beliebt. Keine leichte Aufgabe also für Jake, der ganz genau weiß, dass, wenn er diesen Fall nicht abgeben kann, manche seiner Freundschaften in Clanton zu Bruch gehen werden.

„Der Polizist“ ist, um es etwas salopp auszudrücken, ein typischer Justizroman aus der Feder John Grishams. Auch diesmal wird der Leser mitgenommen auf eine Reise durch das manchmal bizarre, manchmal ungerechte, stets aber teure Verfahren, bei dem regelmäßig das auf der Strecke bleibt, was doch eigentlich im Fokus stehen sollte: das Recht.

Auf über 650 Seiten werden Winkelzüge und taktische Spielchen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung geschildert, die – erst nach knapp der Hälfte des Buches wird Anklage erhoben – den Lesern viel Geduld abfordern. Zahlreiche Wiederholungen und eine Nebenhandlung, die zwar auf einen vierten Roman um die Figur des Rechtsanwalts schließen lässt, der Handlung und dem Erzähltempo dieses Romans jedoch abträglich ist.

Nicht jeder Leser dürfte mit den Abläufen des US-amerikanischen Rechtssystems vertraut sein, doch wenn ein Anwalt eine Hypothek auf sein Haus, in dem er immerhin mit Frau und Tochter wohnt, aufnehmen muss, um genug Geld für Sachverständige und private Ermittler in dem Fall gegen eine Eisenbahngesellschaft zu haben und der erfolgreiche Ausgang dieses Verfahrens mehr als fraglich ist, dann darf schon mal ein wenig mit dem Kopf geschüttelt werden.

Das gilt auch für den etwas zuckersüßen Schluss des Romans, der eigentlich kein richtiges Ende darstellt, sondern, jede Wette, das Lesepublikum in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft mehr über Drew Gamble, die Klage gegen die Eisenbahngesellschaft und das neue Mitglied der Familie Brigance erfahren lässt.




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Veröffentlicht am 27. Mai 2021