Buchkritik -- Manfred Wolf -- Leser fragen - Goethe antwortet

Umschlagfoto  -- Manfred Wolf  --  Leser fragen - Goethe antwortet Die Lektüre der Deutschen Klassiker scheint leider nicht mehr zeitgemäß. Goethe und Schiller sind beinahe dem Vergessen übergeben. Sogar im Gymnasium steht die Beschäftigung mit Goethe im Regelfall nicht mehr im Lehrplan. Das ist schade, prägt doch z. B. die Lektüre des Faust einen Menschen sein ganzes Leben lang.

Zugegeben, die Sprache Goethes ist nicht mehr die der heutigen Zeit. Das wird jedoch allemal kompensiert durch die Aktualität vieler seiner Aussagen und Meinungen. Manfred Wolf hat ein kleinen Band vorgelegt, mit dem er die Modernität Goethes zeigen will. Das Prinzip ist originell, stellt der doch den Dichter quasi in die Funktion einer Figur der Marke: "Fragen Sie ruhig - Dr. G. antwortet".

Viele Stichpunkte findet der Leser. Bildung, Eitelkeit, Kirche, Rauchen und Rechtschreibung sind nur einige der Themen, zu denen Goethe etwas einfiel. Bei der Lektüre merkt man schnell, wie voreilig und mit wieviel Arroganz der moderne Zeitgeist auf seine eigene Universalität pocht und daneben nicht viel Platz für Vergangenes läßt.

Der aufgeschlossene Leser, genauer gesagt, der Leser, dem die historische Kontinuität der menschlichen Dispositionen bewußt ist, wird so manches finden, das ihn schmunzeln läßt. So modern, wie es uns von allen Seiten gepredigt wird, ist unsere Zeit überhaupt nicht. Die vermeintliche Modernität ist ausschließlich ein Konstrukt derjenigen, denen die Kenntnis dessen fehlt, was den Menschen erst zu einem Individuum macht, nämlich die Verwobenheit mit der Geschichte. Liebe, Tod, Ehrgeiz, Macht, um nur einige Grundkonstanten der menschlichen Existenz zu nennen, waren und sind universell.

Leser fragen - Goethe antwortet ist ein launiger Band, der es jedoch nicht verträgt, in einem Zug gelesen zu werden. Am besten läßt man das Buch auf dem Tisch liegen und nimmt es dann und wann zur Hand. Irgendeine Seite aufschlagend und sich immer wieder davon überzeugen lassen, daß "was Ihr den Geist der Zeiten heißt, ist im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln" - Der Spruch ist übrigens auch von Goethe.




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