Buchkritik -- Pavo Pejić -- Karussell

Umschlagfoto, Buchkritik, Pavo Pejić, Karussell, InKulturA Mit dem Fliegen, so wie damals als Kinder, die Fliehkraft des sich drehenden Karussells ausnutzend, war es vorbei, denn schließlich, so Paul rückblickend, mochte niemand fünfzehnjährige Jungen, schon gar nicht auf Spielplätzen. Was jedoch geblieben ist, sind die Erinnerungen an eine Zeit, in der der Himmel nah, Verantwortung noch fern, aber Probleme und Sorgen, jeder hatte seine eigenen, stets allgegenwärtig waren.

Ein Blick zurück, fernab jeder sentimentalen Verklärung, und schon tauchen sie wieder auf, die Bilder einer Vergangenheit, die so weit noch nicht zurückliegt, aus dem Blickwinkel der inzwischen vergangenen zehn Jahre jedoch mit distanzierter Abgeklärtheit reflektiert. Es war, wie es gewesen ist. Erste, von Paul, schüchterne Kontaktaufnahmen zu Mädchen, die erste Flasche Bier, Schule als eine Möglichkeit, nicht die beste, Zeit zu verbringen, Probleme mit den Eltern, die wiederum Probleme mit sich selber hatten, kurz, eine Jugend, so typisch, so normal wie Zucker im Kaffee. Fixpunkte waren, trotz aller Konflikte, die Freunde Marko, Tobi und Dominik, die abseits der gemeinsam verbrachten Zeit mit ihren jeweils eigenen Problemen zu kämpfen hatten.

Eine Erinnerungssequenz führt zu nächsten – und das Lesepublikum manchmal zum kurzfristigen Verlust des roten Fadens –, jeder Ort, jede Aktion und jede Reflexion zu weiteren Flashbacks, die die Vergangenheit zu einem Netz, gleichsam zu einem organischen Gewebe gelebten Lebens darstellen, in dem alles möglich schien, Neugier auf Neues allgegenwärtig, Erfolg und Scheitern noch nicht – abgesehen von kleinen Dealereien – durch bürgerliche Maßstäbe bewertet wurden.

Pavo Pejić lässt mit „Karussell“ noch einmal eine Zeit Revue passieren, die, wie wohl keine andere, das weitere Leben prägt. Dass er das unaufgeregt und ohne Schuldzuweisungen an die üblichen Adressen unternommen hat, zeichnet diesen kleinen Band aus.




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Veröffentlicht am 2. Oktober 2019