Stimmt das Bild vom Beamten noch, der unbeirrt seine Pflicht tut und dabei nur den Worten des Gesetzes Folge leistet, oder ist dies längst ein Mythos aus der Vergangenheit? Ist die Verlockung des Geldes und der Pfründe auch schon in deutsche Amtsstuben eingezogen? Ende Oktober 2002 fand an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer eine Tagung statt, die genau diese Frage klären sollte. Teilnehmer waren anerkannte Experten der Korruptionsbekämpfung.
Um es gleich vorweg zu sagen: Die Realität ist schlimmer als die Vermutung. Korruption und Ämterpatronage haben ein Ausmaß erreicht, von dem sich der normale Büger keine Vorstellung machen kann. Die bislang bekannt gewordenen Fälle, wie z. B. der Kölner Müllskandal, die Spendenaffären der Parteien, etc. sind sprichwörtlich nur die Spitze eines Eisbergs, dessen Hauptmasse unsichtbar unter Wasser verborgen liegt.
Kleine Gefälligkeiten unter Parteifreunden, ein Dankeschön in Form von Bargeld für einen erhaltenen Auftrag der öffentlichen Hand, mangelnde Transparenz bei der Ämtervergabe sind nur ein winzig kleiner Ausschnitt aus dem großen Katalog der Korruption und Bestechlichkeit. Damit einhergehend ist eine Verrohung der Sitten des Gemeinwesens und ein zunehmend mangeldes Unrechtsbewußtsein der beteiligten Personen. Ganze Netzwerke der Korruption sind mittlerweile entstanden, wie Wolfgang J. Schaupensteiner in seinem Referat über ausgewählte Fälle von Korruption in der Verwaltung schildert. Interessant ist auch der Artikel von Winfried Maier, Richter am Oberlandesgericht München, der der Frage nachgeht, wie unabhängig Staatsanwälte wirklich sind.
Dieses Buch bringt dem interessierten Bürger das Thema mit hochkarätigen Fachleuten näher und zum ersten Mal wird ernsthaft der Versuch unternommen sich ressortübergreifend mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Beiträge sind interessant und aufschlußreich. Sie gewähren einen tiefen Blick in die Abgründe der politischen und wirtschaftlichen Moral unseres Landes. Aufgrund der hoher Qualität der Referate kann hier keins besonders hervorgehoben werden. Die Fragestellungen und die versuchten Antworten sprechen je für sich. Die angebotenen Lösungsvorschläge sind zwar nur zaghaft und auch wegen der Unbeweglichkeit des politischen Systems kaum durchführbar, doch überlegenswerte Ansätze sind vorhanden.
Bis sie jedoch Realität werden, muss sich die Moral der Verantwortlichen geändert haben. Glauben Sie daran? Schließlich sind diejenigen, denen die Aufgabe obliegt die Korruption zu verhindern doch selber darin involviert.
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