Buchkritik -- Maja Lunde -- Die Geschichte des Wassers

Umschlagfoto, Buchkritik, Maja Lunde, Die Geschichte des Wassers , InKulturA Zwei Geschichten, die erst am Ende des Buches verknüpft werden, erzählt Maja Lunde in ihrem Roman "Die Geschichte des Wassers". Selbiges ist im Jahr 2041 in Südeuropa Mangelware geworden, weshalb sich Klimaflüchtlinge auf den Weg nach Norden, in die vermeintlich, die Autorin bestätigt das eigentlich nicht, wasserreichen Länder machen. Im Jahr 2017 kehrt die Umweltaktivistin Signe in ihre Heimat zurück und will mit einer spektakulären Aktion gegen den Raubbau und die kommerzielle Ausbeutung der natürlichen Wasserressourcen protestieren.

Zwei Schicksale, die auf den erste Blick nichts miteinander zu tun haben, verwebt Lunde zu einer Zukunftsvision, die zwar alarmistisch daherkommt, deren Begründung die Autorin allerdings schuldig bleibt. Während (2017) ein Restgletscher für die Eiswürfel in den Getränken reicher Menschen sorgt, ist (2041) Südeuropa aufgrund Wassermangels nahezu ausgetrocknet. Das mutet komisch an, denn, um einen Bezug zur Gegenwart herzustellen, die Verfechter des menschengemachten Klimawandels warnen doch stetig vor zu viel Wasser, dass Gebiete in Meeresnähe zu überschwemmen droht.

Wie dem auch sein. Wenn dieses Buch, das zweite einer Klima-Tetralogie, den Leser aufrütteln und betroffen machen soll angesichts einer drohenden dramatischen Veränderung der Lebensumstände, dann ist der Roman zu sehr auf die leider unscharf dargestellten Figuren fokussiert. Hier die von allen unverstandenen Umweltaktivistin Signe, die zwar ihr ganzes Leben an allen Fronten des Kampfes gegen den Raubbau an der Natur zu finden ist, die jedoch die Beharrlichkeit der menschlichen Natur unterschätzt. Dort David, der selber noch ein Kind zu sein scheint und seine kleine Tochter Lou, die auf der Suche nach Frau und Bruder. Bis auf eine Ausnahme sind sie eindimensional beschrieben.

Signe, starrköpfig, unfähig zu Kompromissen und monothematisch fixiert, gibt nach einer gescheiterten Aktion einen Kampf auf, den sie bereits vor vielen Jahren verloren hat. David, unreif und leicht infantil, droht an der Fürsorgepflicht für seine Tochter Lou zu scheitern. Überhaupt Lou, sie, ein Kind, ist die einzige Figur im Roman, die der von Lunde angestrebten zukünftigen Realität am nächsten kommt. Sie leidet an verschmutztem Wasser, sie organisiert, sie stiehlt Konserven um das Überleben zu sichern. Sie ist diejenige, die ihren Vater vor fatalen Entscheidungen bewahrt. Kurz, das kleine Mädchen ist die eigentlich lebendige Warnung vor der Zerstörung menschlicher Lebensbedingungen durch den Menschen selber.

Während, und das ist das wirklich Erschütternde dieses Romans, die Menschen der Generation Signe glauben, noch eine Zukunft vor sich zu haben, in der es sich zu leben lohnt, erweisen sich die von ihnen getroffenen Entscheidungen als fatal für die Nachfolgenden. Obwohl, und das ist wiederum das große Rätsel dieses Romans, die Autorin keine Auskunft über die Ursachen des südeuropäischen Wassermangels gibt.

So steht am Ende des Romans die Frage, ob die Hinterlassenschaft Signes das Überleben von David, Lou und ihrer neuen Begleitung wirklich sichert, denn wenn der von David erhoffte Regen ausbleibt, und alles weist darauf hin, dann ist das Erbe in Wirklichkeit nur ein Aufschub des Unvermeidlichen.




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Veröffentlicht am 19. Mai 2018