Buchkritik -- Michael Schröder -- Medien - Spaltpilze der Gesellschaft?

Umschlagfoto  -- Michael Schröder  --  Medien - Spaltpilze der Gesellschaft? Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat sich eine Krise verordnet. Trotz üppig sprudelnder Einnahmen in Form von Zwangsabgaben eingetrieben durch die GEZ stellen die Verantwortlichen, denn ausschließlich sie kommen in dem Buch Medien - Spaltpilze der Gesellschaft? herausgegeben von Michael Schröder zu Wort, fest, daß sich dieses Medium kritische Fragen stellen muß, damit es auf die veränderten Seh- und Wahrnehmungsmethoden dieser Gesellschaft reagieren kann.

Gleich im ersten Beitrag zeigen Dieter Dörr und Jessica Sänger anhand der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkrecht, die im Kern richtig und wegweisend ist, wo ihrer Meinung nach die Aufgabe des Fernsehens, natürlich des öffentlich-rechtlichen, liegen soll, nämlich "...als Faktor der öffentlichen Meinung...,den Bürgern die kulturellen Werte, auf denen das Grundgesetz beruht, ständig zu vermitteln". Um noch einen in dieser Manier drauf zusetzen fahren sie fort "Die Fähigkeit, Freiheit eigenverantwortlich zu gestalten, ist nicht selbstverständlich". Die Katze ist aus dem Sack, ARD und ZDF erziehen das Volk. Lindenstraße auf allen Kanälen, Lindenstraße in den Nachrichten, Lindenstraße sogar beim Sport.

Demgegenüber stehen die anderen Beiträge, die, wohl argumentiert auf Probleme und fragwürdige Methoden der Informationsbeschaffung, z. B. bei Thomas Morawski und seiner Kritik an der Auslandsberichterstattung, übrigens der beste Beitrag in diesem Buch, hinweisen. Michael Schröder stellt fest, daß Politiker gerne in Talkshows auftreten, na ja, ist auch nichts neues.

Tilman Steiner stellt die Frage zum Verhältnis Qualität und Quote und stellt fest, das öffentlich-rechtlich in Bezug auf die Quote den Privatsendern hinterher hechelt, will sagen, zunehmend Triviales produziert. Für Tissy Bruns gar ist das Tempo im Berliner Regierungsgeschäft zu schnell geworden. Andreas Bönte braucht erst einmal Selbstkritik.

Dieser letzte Beitrag des Buches führt wieder zum ersten hin und damit zum zentralen Problem des Mediums "öffentlich-rechtlich". Natürlich hat sich seit Einführung des Privatfernsehens die Wahrnehmung der Zuschauer verändert - nicht immer zum besseren - natürlich ist die Vielzahl der angebotenen Kanäle für den Konsumenten verführerisch, doch gibt es sie, die in allen Artikeln beschworene Vielfalt des Angebots?

Welcher Fernsehzuschauer hat Lust sich von ARD und ZDF auf die immer gleiche Weise politisch erziehen zu lassen, denn nichts anderen machen inzwischen die öffentlich-rechtlichen Sender. Wer es z. B. nicht mehr nachvollziehen kann wie gebetsmühlenhaft medial-offiziell die Notwendigkeit von Einwanderung propagiert wird, die damit entstehen Probleme jedoch politisch korrekt ausgeblendet werden, der schaltet ab, oder schlimmer noch, guckt Privatsender.

Der Zuschauer hat die Wahl zwischen Scylla und Charybdis: öffentlich-rechtlich ist Volkspädagogik und zum einschlafen dröge. Privat verdummt total. Lindenstraße oder Big Brother? Keine reizvolle Alternative.

Niemand kann bestreiten, daß es auch bei öffentlich-rechtlich Perlen der Information gibt, doch leider zu Zeiten, an denen das Gros der Zuschauer schon längst im Bett liegt, denn nur wenigen ist es beruflich vergönnt, Sendungen sehen zu können, die um 23 Uhr beginnen.

Der Fernsehkonsument ist nicht zu dumm, wie leider in manchem Beitrag unterschwellig angesprochen, er will sich jedoch von seinem zwangseingetriebenem Geld nicht auch noch von gut bezahlten Moderatoren beschimpfen und belehren lassen.

Alle Beiträge in diesem Buch sind von Insidern, von Leuten mit Stallgeruch geschrieben worden. Sie zeigen bis auf wenige Ausnahmen ein erschreckendes Maß an Realitätsverlust. Die grundsätzlichen Probleme des öffentlich-rechtlichen Fernsehens sind hausgemacht. Solange der Staats- bzw Länderfunk nicht von seinem Elfenbeinturm herunterkommt und weiterhin üppig alimentiert wird, hat er langfristig gegen die Privatsender keine Chance. Das wäre allerdings fatal.




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