Buchkritik -- Przybilla/Ritzer -- Die Affäre Mollath: Der Mann, der zuviel wusste

Umschlagfoto, Die Affäre Mollath, InKulturA Wie schnell ein Unbequemer, ein Querulant, einer, der sich kümmert und für den Unrecht eine physische Dimension besitzt, in der Psychiatrie verschwinden kann, zeigt der Fall Mollath. Ein Nürnberger Bürger beschuldigte seine Frau und deren Kollegen von der Hypovereinsbank illegaler Geldgeschäfte. Sie sollen für prominente und reiche Kunden Schwarzgelder illegal in die Schweiz gebracht haben und sich damit am Steuerbetrug und der Geldwäsche beteiligt haben. Seine diesbezüglichen Anzeigen brachten Gustl Mollath in die geschlossene Anstalt.

Was die beiden Journalisten der Süddeutschen Zeitung, Olaf Przybilla und Uwe Ritzer, mit ihrem Buch "Die Affäre Mollath" enthüllen ist nicht nur ein Justizskandal, sondern, vorausgesetzt, die Recherchen der Autoren sind korrekt, auch ein Beispiel für das Versagen staatlicher Institutionen. Da tauchen Gutachter auf, die zwar den Patienten noch nie gesehen, geschweige denn ein Gespräch mit ihm geführt haben und trotzdem wird per Ferndiagnose ein Gutachten über den psychischen Zustand dieses Menschen geschrieben, das dafür sorgt, dass er in der Psychiatrie verschwindet. Da wird entlastendes Material vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen und der verhandlungsführende Richter gebiert sich wie weiland am Volksgerichtshof üblich.

Das alles weckt natürlich die Frage, ob es in diesem Rechtsstaat möglich ist, aufgrund zweifelhafter Gutachten in einer geschlossenen Anstalt zu verschwinden und ob es möglich ist, dass interessierte Kreise soviel Einfluss haben, dass es ihnen gelingt, einen Unbequemen, einen der kriminelle Machenschaften anprangert, hinter Gitter zu bringen.

Ohne Zweifel, das Buch ist spannend geschrieben und hat das Zeug zu einer Verschwörungstheorie. Aber, und das ist aufschlussreich, das Buch ist überaus genau recherchiert und bringt Fakten zur Kenntnis, die, wenn sie sich als zutreffend erweisen, die Zweifel gegenüber einem System, dass vorschnell Geldinstitute als "systemrelevant" definiert, verstärken.

Natürlich gibt es auch im Fall Mollath Seilschaften, die verhindern wollen, dass ihre Machenschaften ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Przybilla und Ritzer haben sich mit ihren Aussagen weit vorgewagt. Ob sie zutreffen, wird sich erst erweisen, wenn der Fall Mollath nach der Wiederaufnahme des Verfahrens entgültig geklärt wird.




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