Buchkritik -- Naomi Klein -- No Logo

Umschlagfoto  -- Naomi Klein  --  No Logo Was haben Nike, Daimler-Chrysler und Coca-Cola gemeinsam? Sie sind sog. "Global Player", d. h. sie sind Hauptakteure auf einem Markt, der sich über die ganze Welt ausgebreitet hat. Sie und alle anderen Konzerne, die an diesem Markt beteiligt sind, sprechen von der Globalisierung der Wirtschaft. Ihr Interesse gilt offiziell der Versorgung aller Menschen mit ihren jeweiligen Produkten. Die ganze Welt soll, so zumindest ihre klare Aussage, von vollendeten Produkten profitieren. Die Schranken zwischen den Menschen sollen durch egalisierten Konsum niedergerissen werden.

Soweit die offizielle Seite. Die Wahrheit jedoch sieht anders aus. Naomi Klein beschreibt in Ihren Buch "No Logo" die andere Seite der Medaille. Kinderarbeit, Löhne die unter dem Existenzminimum des jeweiligen Landes liegen und die Tolerierung, wenn nicht sogar die Förderung von totalitären Systemen. Während auf der einen Seite von der Wirtschaft und ihren Nachbetern in der Politik davon gesprochen wird, das sich mit Hilfe der Globalisierung die Bedingungen in den Dritte Welt Ländern verbessern und sich auch das Leben in den Industriestaaten auf fast märchenhafte entwickelt, ist das genaue Gegenteil der Fall. Die armen Länder werden noch ärmer, Arbeitsplätze in den Industrieländern werden vernichtet und nur die multinationalen Konzerne treten als Gewinner hervor.

Seit einigen Jahren ist eine Verschiebung weg vom eigentlichen Produkt, hin zu einem Markenfetischismus zu beobachten. Die Marke ist alles und wer sie nicht besitzt, gehört nicht zum Kreis der Auserwählten. Naomi Klein beschreibt zwar überwiegend die Verhältnisse in Amerika, doch in diesem Fall kann man sie auch auf die in Europa herrschenden Zustände anwenden. Der Markenfetischismus hat ungeheure Ausmaße angenommen. Für Nike Turnschuhe und Designerklamotten werden schon mal Verbrechen begangen. Neben dem Geld zieht man dem Opfer auch gleich noch die Schuhe und die Markenarmbanduhr ab.

Großkonzerne spielen sich als Kulturmäzene und Kinderfreunde auf, zumindest in Europa und den USA, doch in Ländern wie den Phillipinen, Südamerika und Indien müßen dafür Kinder unter haarsträubenden Bedingungen diese Waren für den Weltmarkt produzieren. Die Politik die eigentlich für soziale Rahmenbedingungen sorgen sollte, hat sich längst aus ihrer Verantwortung verabschiedet. Konzerne deren Umsätze größer sind als das Bruttozialprodukt so mancher Nationen, bestimmen inzwischen den Kurs. Das dieser nicht das Gemeinwohl im Sinn hat, liegt auf der Hand.

Nichts ist trügerischer als die Versprechen von multinationalen Konzernen. Soziale und nationale Verantwortung gibt es für sie nicht mehr. Das einzige was zählt, ist der Umsatz und die Zufriedenheit der Aktionäre. Gibt es in einem Land nicht die geeigneten Bedingungen, sprich Steuerfreiheit, niedrige Löhne und zu starke Umweltgesetze, so ziehen sie mit der Produktion in ein anderes, ihnen freundlicher gesinntes Land.

Naomi Klein gelingt es mit ihrem Buch, das aus einer gelungenen Mischung aus politischer Theorie, Journalismus und Autobiografie besteht, diese Zusammenhänge zu zeigen. Sie beschreibt zwar fast ausschließlich die Situation in den USA und Kanada, doch so verschieden von der in Europa ist sie nicht, zumal die Werbung diesseits und jenseits des Atlantiks die gleichen dummen und falschen Versprechungen macht.

Es ist jedoch nicht nur die Ausführlichkeit und die Richtigkeit dessen, was sie schreibt, das mich an diesem Buch so fasziniert, sondern es ist ihre Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und der Entwicklung ihrer politischen Theorien. Nach ihrer eigenen Aussage hat es eine ganze Generation, nämlich ihre eigene, verschlafen, sich mit diesem neuen Gegner auseinanderzusetzen. Anstelle dessen führten sie Selbstreflexion als Lebenstil und uferloses politisches theoretisieren auf. Nun da der Traum vorbei ist, stellen sie fest, daß das Leben in der Realität ein anderes ist, als was sie sich theoretisch zurechtgelogen hatten.

Insofern trifft dieses Buch auch den politischen Geist Europas, der sich ebenfalls aufgegeben hat und im wesentlichen nur noch nach der Melodie von Konzernen tanzt. Arbeitsplatzabbau in Europa, Kinderarbeit in Pakistan, Umweltzerstörung in Nigeria? Alles kein Thema, hauptsache die nächsten Wahlen gehen gut aus.

Doch machen wir es uns nicht zu einfach. Jeder der die sog. Markenprodukte kauft, deren Produktionsstätte in Dritte Welt Ländern liegt, beteiligt sich an dieser Ausbeutung. Der Markenfetischismus frisst nicht nur Menschen die sehr weit weg von uns leben, sondern durch Arbeitsplatzabbau und Outsourcing auch soziale Stabilität bei uns.




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