Wie sich doch die Zeiten ähneln. Da lebte vor fast 500 Jahren in Augsburg eine Händlerfamilie deren herausragenden Vertretern es gelang, im großen Stil europäische Politik zu betreiben. Sie bestimmte aufgrund ihres Reichtums die Politik der damaligen Zeit. Ich rede von dem Geschlecht der Fugger. Sowohl Jakob als auch Anton Fugger verstanden es, sich Herzöge und Könige mit ihrem Geld gewogen zu halten. Ihnen gelang es sogar einen Kaiser ihrer Wahl zu etablieren. Karl V., in dessen Reich die Sonne niemals unterging, war Kaiser von Fuggers Gnaden/Geld.

Das frühe 16. Jahrhundert war eine Zeit des Umbruchs: Renaissance und Reformation waren die Herausforderungen, denen sich sowohl der Adel und der Klerus, als auch Kaufleute wie eben die Fugger zu stellen hatten.War im ausklingenden Mittelalter noch vieles, wenn nicht sogar alles nur in Bezug auf Gott, so fand in der Renaissance die Wiederentdeckung des Individuums statt. Eigene Kraft, eigenes Vermögen im Verein mit neuen Ideen in Naturwissenschaft und Technik führten zu einem Umbruch. Jakob Fugger war als ein Mann dieses Umbruchs in einem Zwiespalt zwischen Bewahrung des Alten und den Herausforderungen des Neuen gefangen. Während neue Formen der Technik und des Erwerbs sein Interesse und seine Unterstützung bekamen, war er philosophisch-theologisch noch im Mittelalter gefangen. Seine finanzielle Verbindung mit den Habsburgern, bzw. genauer ausgedrückt, seine permanente finanzielle Unterstützung dieses Herrscherhauses, wies ihn als einen Mann des Mittelalters aus.

Während er durchaus neuen Ideen z. B. im Bergbau offen gegenüber stand, verkannte er die Zeichen eines beginnenden Religionskampfes in Deutschland und Europa. Noch niemals vor Jakob Fugger hatte ein einzelner Mensch so viel Macht und Reichtum in seiner Person vereint. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, daß Jakob Fugger dazu in der Lage gewesen wäre, die politische Landschaft Europas zu verändern. Doch er war zu sehr in kaufmännischen Banden gefangen.

Wie ist die Situation heute? Multinationale Konzerne bestimmen das Geschick der Welt und Politik dient nur noch als Staffage. Das Verhältnis zwischen Politik und Kommerz ging damals wie heute eindeutig zu Lasten der Politik. Konzerne deren Umsatz das Bruttosozialprodukt eines kleinen Staates übersteigt, deren Macht und Einfluß ständig wächst, bestimmen inzwischen auch den politischen Kurs - und der ist, gelinde gesagt, extrem wirtschaftsfreundlich.

Genau hier sind die Parallelen zwischen damals und heute. Wie schon Jakob Fugger und alle anderen Handelsherren nach ihm, sind heutige Wirtschaftsführer ausschließlich auf das gelingen ihrer Geschäfte konzentriert. Soziale Entwicklungen finden ohne ihre Kenntnisnahme statt. Genau hier liegt der Sprengstoff der Zukunft. Was für die einen Reichtum und steigende Umsätze bedeutet, das sind für die anderen Armut, soziale Not und Ungerechtigkeit. Ist die Globalisierung die Trophähe der Gewinner, so sind die daraus resultierenden Probleme das Erbe der Verlierer.

Genauso wie sich Jakob und Anton Fugger über ihre gesellschaftlichen Fehlentscheidungen nicht bewußt waren, sind sich heute die Manager von multinationalen Konzernen nicht über die Folgen ihrer Handlungen im klaren. Das Resultat dessen wird ein global-gesellschaftlicher Umbruch sein, der diesen selbsternannten Herren und Damen der Wirtschaft das Fürchten lehren wird. Wer aus der Geschichte nichts lernt, der wird auf Dauer nicht überleben können. Wir sind auf dem besten Weg zum Abgrund.