Philosophie Magazin -- 06/2015

Umschlagfoto, Philosophie Magazin, 06/2015, InKulturA Arbeit ist, ob es uns gefällt oder nicht, der zentrale Begriff menschlichen Daseins. Ohne Arbeit, ohne sinnvolle Tätigkeit wäre der Mensch ein Wesen, dass sich nicht wesentlich von den Tieren unterscheiden würde. Erst die Arbeit und die damit verbundene Veränderung der Welt, macht aus dem, wie Karl Marx es nennt, Gattungswesen Mensch ein Individuum.

Untrennbar verknüpft mit dem Begriff der Arbeit ist die Frage nach dem Sinn der Tätigkeit, die ein Mensch ausübt. Bestand zwischen beiden in vorindustriellen Zeiten noch eine nicht hinterfragte Kausalität, weil Arbeit stets in einem konkret erfahrbaren Zusammenhang mit der Umwelt stand, so ist in Zeiten von Massenproduktion und, noch wesentlicher, zunehmend digitalisierter, also anonymer Tätigkeit, die Sinnfrage virulent.

"Macht meine Arbeit noch Sinn", diese provokante, jedoch berechtigte Frage stellt das Philosophie Magazin in seiner aktuellen Ausgabe. Es gab wohl kaum eine Zeit in der Geschichte der Menschheit, in der so oft, zumindest in den westlichen, postindustriellen Gesellschaften, die Frage nach dem Sinn individueller Tätigkeit gestellt wurde.

Arbeit wird nicht selten als betrieblich durchorganisierte Lebenszeit verstanden, die dem Individuum eine Zwangsjacke aus sinnlos empfundener Pflichterfüllung anlegt, die auch durch den monatlich auf das Konto eingehenden Lohn nicht positiver erfahren wird. Dabei macht, so zeigen Untersuchungen, Arbeit, die als sinnlos wahrgenommen wird, krank.

Das Interview mit Michel Houllebecq kreist, wie sollte es anders ein, um seinen letzten Roman "Unterwerfung" und ist doch aufgrund der oft uninspirierten und lustlos daherkommenden Antworten des französischen Schriftstellers für den interessierten Leser etwas enttäuschend.

Überaus interessant ist dagegen das Gespräch mit Luciano Floridi, der in den digitalen Informationskonzernen wie Google, Facebook und anderen eine, wie er es nennt, "ontologische Macht" erkennt, die das Primat der Politik längst hinter sich gelassen hat und deren Handel - und vom User oft freiwillig unterstützen Missbrauch - mit Daten die Privatsphäre längst als obsolet erscheinen lässt.

Ein ausführlicher Artikel über den wahrscheinlichen Nachfolger des Dalai Lama zeigt das dramatische Dilemma, in dem Tibet politisch und gesellschaftlich steckt und weist darauf hin, wie schwer es Ogyen Trinley Dorje, der 17. Karmapa, fallen wird, die verhärteten Fronten zwischen China und Tibet aufzubrechen.

Gut gewählt diesmal, der Klassiker mit Roland Barthes und seiner "Fragmente einer Sprache der Liebe". Denn, geben wir es ruhig zu, auch die Liebe bedarf der permanenten und sinnvollen, manchmal subversiven Arbeit, will sie erfolgreich und erfüllend sein.





Veröffentlicht am 4. Oktober 2015