Buchkritik -- René Pfister -- Ein falsches Wort

Umschlagfoto, Buchkritik, René Pfister, Ein falsches Wort, InKulturA Ein falscher Satz, ja ein falsches Wort genügt in unserer Zeit, um einen wilden Internetmob und eine virtuelle Lynchmeute hervorzurufen, die Karrieren zerstören können und Menschen zu Zielscheiben eines hysterischen Hasses macht. Es ist eine kleine, im wahrsten Sinn bunte Gruppe, die nichtsdestoweniger lautstark ihre Positionen, ihre politischen Ansichten und, als Endziel, einen kompletten Umbau der Gesellschaft anstrebt.

Genderisten, Identitätspolitiker, transgeschlechtliche Apologeten und sonstige, sich als Avantgarde des Zeitgeists verstehende Egozentriker, die ihre persönlichen Befindlichkeiten in Form von Gesetzen und politischen Zielen verabsolutiert sehen möchten, haben zum Sturm auf alles aufgerufen, was eine Gesellschaft zusammenhält.

René Pfister, ein Journalist auf dem Hause Relotius, Verzeihung, Büroleiter des SPIEGEL in Washington, hat ein durchaus mutiges Buch über die vorerst nur in den USA herrschende Abschaffung der Meinungsfreiheit geschrieben, die von interessierten Kreisen, fast immer stehen hinter den „diversen“ Kampagnen auch finanzielle Interessen – siehe das Kapitel üben woken Kapitalismus – in Verbindung mit dem polit-medialen Kartell Partikularinteressen als scheinbar gesamtgesellschaftlichen Mainstream propagieren.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen einer funktionierenden Demokratie ist der Austausch von Argumenten, die freie Diskussion auch und gerade über diametral entgegensetzte Meinungen, um zu tragbaren, realistischen und ideologiefreien Ergebnissen zu gelangen. All das verhindert, zumindest in den USA, eine linke, sich als progressiv gebende Toleranzmafia, die jedoch im Gewand des Totalitären daherkommt.

Eine ans Religiöse grenzende Tendenz, verstärkt und angefeuert durch die Feigheit und dem Desinteresse der, wie sie genannt wird, schweigenden Mehrheit, verhilft den Feinden des demokratischen Prozesses dazu, ihre teils irrwitzigen, teils abwegigen Vorstellungen sukzessive in die politische Realität zu transformieren.

Aber ein großer Wermutstropfen in einem ansonsten durchaus beeindruckenden und ehrlichen Buches ist die Tatsache, dass ein SPIEGEL Mann eben kein SPIEGEL Mann wäre, wenn er nicht die üblichen Feindbilder bedienen würde. Rechte Politiker wie Trump und Höcke „sind ein Unglück“, so Pfister. Auf die Analyse, warum sich die Menschen, die einst von Hillary Clinton als „Deplorables“ beschimpft wurden, vom sich nur selber bespiegelnden Politmainstream abwenden, wartet der Leser vergeblich.




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Veröffentlicht am 27. September 2022