Buchkritik -- Elfriede Jelinek -- rein Gold

Umschlagfoto, Elfriede Jelinek, rein Gold, InKulturA Wenn man, oder wie in diesem Fall Frau, ein literarischer Platzhirsch des deutschsprachigen Literaturbetriebs ist, wenn man, oder wie in diesem Fall Frau, gar mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, dann hat man, oder wie in diesem Fall Frau, eine höhere Stufe der Narrenfreiheit erhalten und, ausgestattet mit dieser Würde, einen Freibrief erlangt, der alle weiteren und noch zu schreibenden Werken per se unter den Generalverdacht der Tiefgründigkeit stellt.

"rein Gold" von Elfriede Jelinek sorgt dann auch für gewisse Schwindelanfälle beim lesenden Publikum. Als, wie von der Autorin konzipiert, Bühnenessay geschrieben und in einer sechsstündigen "Urlesung" im Münchner Prinzregententheater aufgeführt, muss das Werk, das jetzt vom Rowohlt Verlag in Buchform auf den literarischen Markt der Eitelkeiten geworfen wurde und wohl gedacht für diejenigen, die bei einem stundenlangen Theatermarathon eine besondere Form der Klaustrophobie befällt, als eine moderne Form der Publikumsbeschimpfung betrachtet werden.

Da schwadroniert Brünhilde monologisierend auf 41 Seiten über Gott, Geld und die Welt, bis endlich der alte Göttervater seiner Lieblingstochter antworten kann. Natürlich soll am deutschen literarischen Wesen - und 222 Buchseiten - wieder einmal die Welt genesen und so werden walkürenrittartig die großen Probleme, als da wären Finanzkrise, Kapitalismus, Frauenrechte, das Internet, ein Bundespräsident a. D. und sogar die angeblichen NSU-Morde so monologisch-mäanderhaft abgehandelt, dass abseits der Wortakrobatik mehr Ratlosigkeit als Erkenntnis lauert.

Es muss ein berauschendes Gefühl sein, eine Autorin zu sein, die keine Rücksicht mehr nehmen muss auf so etwas Banales wie das lesende Publikum. Immerhin erfährt derjenige, dem es gelungen ist, sich tapfer durch das "Buch" durchzulesen, auf der letzten Seite wer die Zeche zahlt: "Rein Gold entstand auf Anregung der Bayerischen Staatsoper München."

Dann ist ja alles gut! Wenn der Steuerzahler für die Miete und den Lebensunterhalt der literarischen Welterklärer aufkommt, muss wirklich kein Autor, oder wie in diesem Fall keine Autorin, Angst davor haben, am Hungertuche nagen zu müssen, wenn er, oder wie in diesem Fall sie, fern ab des Lesevolkes seine, oder wie in diesem Fall ihre, scheinbar tiefsinnigen Elaborate veröffentlicht.

Literatur geht anders.




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