Buchkritik -- Stephan Weiner -- Kein Ding an sich

Umschlagfoto, Buchkritik, Stephan Weiner, Kein Ding an sich, InKulturA Irgendetwas ist total schiefgelaufen. Maler Morlock, „...eine Person des Geistes. Ein Mensch der Logik“. Ein Mann, der den Emotionalisten dieser Welt, die, die sich von ihren Trieben und Gefühlen leiten lassen, nur kalte Verachtung entgegenbringt, hat den Elektriker erschlagen. Der, Bernock, liegt tot und blutend auf dem Boden und Morlock muss mit Entsetzen feststellen, dass sich bei ihm ein Gefühl einstellt, das der Angst.

Bei einer Diskussion während der Frühstückspause prallen zwei Weltsichten aufeinander. Bernock, der, so konstatiert es Morlock überrascht, ebenfalls denken kann, kommt jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis als der Maler. Die Welt existiert und, so der Elektriker, hinter all dem steckt, unfassbar für Morlock, das Ding an sich. Das Gespräch wird abrupt unterbrochen – durch den Einsatz eines Schraubenschlüssels seitens Maler Morlocks. Der wiederum ist jetzt gezwungen, seine Welt, die nur durch sein Bewusstsein, sein Denken existiert, mit der Realität, die vor ihm auf dem Boden liegt, zu synchronisieren. Wie der Leser sehen wird, keine leichte Aufgabe.

Was durchaus genreüblich beginnt, ist in diesem Fall, so der Autor, PhiloFiktion, eine absolut gelungene Mischung aus Philosophie, Kriminalroman und einem, wenn es das noch geben würde, Hauptseminar „Geschichte europäischen Denkens“. In der Tat hat jede Figur des Buches seine eigene Interpretation der Welt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Für Maler Morlock des Öfteren absurd bis schmerzhaft, doch will er die Spuren seines Verbrechens beseitigen, kann und darf er es nicht vermeiden, in Kommunikation mit seiner Umwelt zu treten.

Von Platon über Kant, Kierkegaard, Nietzsche, Schopenhauer, Hegel, Heidegger, Wittgenstein bis zu Schrödingers Interpretation der Quantentheorie ist „Kein Ding an sich“ eine launige Exkursion um „Sein“ und „Nichts“, um „Geworfenheit“ und „Die Welt ist alles, was der Fall ist“.

Für Maler Morlock, der sich am Schluss erneut als beratungsresistent erweist, eine, im wahrsten Sinn schmerzhafte philosophische Tour de Force. Für den Leser oder die Leserin ein Vergnügen der besonderen Art. Ein paar Grundkenntnisse, sprich Proseminar „Philosophiegeschichte“, sollten allerdings vorhanden sein.




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Veröffentlicht am 31: März 2019