Buchkritik -- Donna Leon -- Sanft entschlafen

Umschlagfoto  -- Donna Leon  --  Sanft entschlafen Commissario Brunetti muß sich mit den Vermutungen einer ehemaligen Ordensschwester beschäftigen. In dem Altenpflegeheim in dem sie tätig war, starben 5 alte Menschen. Sie vermutet dahinter Verbrechen und erzäht Brunetti ihre Geschichte. Widerwillig nimmt er die Ermittlungen auf, bei denen vordergründig nichts herauskommt. Erst als die Ordensschwester bei einem Unfall lebensgefhrlich verletzt wird, intensiviert er seine Nachforschungen. Er aktiviert alte Bekanntschaften und schaltet sogar seine von ihm nicht gerade mit viel Sympathie bedachte Schwiegermutter ein, um etwas mehr über die verborgenen Beziehungen der Menschen in der Lagunenstadt zu erfahren. Zudem muß er sich auch noch mit Schulproblemen seiner Tochter beschäftigen. Beides, die Ermittlungen in den 5 Todefällen und die Schulprobleme seiner Tochter führen ihn auf die Spur von Mißständen innerhalb einer kirchlichen Organisation.

Dieser Roman von ist der bisher dunkelste von Donna Leon. Er beschreibt die Abgründe menschlichen Glaubens, bzw. den daraus resultierenden Fanatismus und die oberflächliche Heuchelei. Der Religionslehrer von Brunettis Tochter wird als Mädchenschänder entlarvt und die Leitung des Altenpflegeheims als geldgieriger kirchlicher Orden. Wieder einmal ist in dem Mikrokosmos der Lagune nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint.

Das sich Guido Brunetti mit einem mächtigen Gegner angelegt hat merkt er, als sein von ihm nicht besonders geschätzter Vorgesetzter ihm weitere Untersuchungen verbietet. Brunetti und seine Kollegen halten sich jedoch nicht an die Anweisungen und können so einen Mord an der einzigen Zeugin für die Unregelmäßigkeiten im Pflegeheim verhindern.

Donna Leon hat diesmal ihren sympathischen Commissario deutlich desillusionierter angelegt, als in den vorigen Romanen. Einmal mehr ekelt es ihn an, hinter die gesellschaftlichen Kulissen von Venedig zu blicken. Das was er dort sieht, gleicht dem Zustand der Lagunenstadt. Die Fassaden glitzern, doch der Hintergrund bröckelt. Es scheint, als wäre Venedig ein Tummelplatz für Egoisten und skrupellose Verbrecher. Die Rolle der Kirche spielt in diesem Roman eine zentrale Rolle. Sie wird als korrupt und machtgierug gezeigt. Auch scheint sie kein Mittel auszulassen, um ihren Besitz und ihren Einfluß zu vermehren.

Als sich auch noch in seiner direkten Umgebung ein Vorfall mit einem Priester ereignet, läßt er die sonst von ihm so gehaßten Beziehungen seines Schwiegervaters spielen und sorgt für eine Versetzung des Religionslehrers seiner Tochter in eine Männerstrafanstalt - als Seelsorger. Brunetti mußte sich auf diese Art und Weise wehren, denn seine Familie ist für ihn der einzige Flucht- und Ruhepunkt in dem unter der Oberfläche stets brodelnden Vulkan Venedig.

Dies ist der bisher beste Roman von Donna Leon und ihrem Commissario Brunetti.




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