Buchkritik -- Frank Sieren -- Angst vor China

Umschlagfoto  -- Frank Sieren  --  Angst vor China Der Westen steckt in einer Krise. Die Staaten sind überschuldet, das Finanzsystem marode und die Wirtschaft droht zu kippen. Im Euroraum jagt eine Konferenz die andere um gigantische aber nutzlose Rettungsschirme zu spannen. Die Gelddruckmaschinen laufen sowohl in Europa als auch in Amerika auf vollen Touren. Die Staatshaushalte stehen aufgrund von vielen in der Vergangenheit getroffenen falschen Entscheidungen kurz vor dem Zusammenbruch. Die Erste Welt, wenn man dieser abgegriffenen Terminus benutzen will, ist wirtschaftlich am Ende. Dieser Bankrott betrifft bei Weitem nicht nur die finanziellen Grundlagen der betroffenen Staaten, sondern dem drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruch steht ebenfalls ein politischer Abgang von der Weltbühne gegenüber.

Bereits vor einigen Jahren ist mit China ein erst zu nehmender Konkurrent in der Weltpolitik erschienen, dessen Einfluss sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht immer stärker zu spüren ist. Während die Ziele westlicher Politiker in Abhängigkeit zu den jeweiligen Legislaturperioden stehen, arbeitet China mit langfristigen Strategien, um sich die Führungsposition - wirtschaftlich und politisch - zu sichern und zu erhalten.

Frank Sieren, ausgewiesener Kenner der chinesischen Verhältnisse in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hat die zukünftige Rolle Chinas in der globalisierten Welt beschrieben. Seine Recherchen zeigen ein vorurteilsfreies Bild dieses Landes, das inzwischen zum größten Kreditgeber der westlichen Welt geworden ist. So konnten z. B. die USA ihre Zahlungsunfähigkeit bislang nur durch chinesische Kredite abwenden. Die Situation in den hoch verschuldeten europäischen Staaten ist derzeit nicht anders.

Diesen Einfluss, den das "Reich der Mitte" inzwischen erlangt hat, lässt es sich, so der Autor, teuer bezahlen. Ob es der politische Druck Chinas auf die Regierung der Vereinigten Staaten gewesen ist, der die dortige Administration dazu zwang, die Finanzdienstleister Fannie Mae und Freddie Mac mit staatlichen Mittel zu unterstützen oder der wachsende Einfluss in den sog. Ländern der Dritten Welt, Chinas Politiker verfolgen langfristige Ziele. Die Schwäche des Westens, bzw. sein nahezu unersättlicher Hunger nach frischem Kapital machen ihn immer abhängiger von China.

Frank Sieren unterzieht aber auch die Politik der westlichen Nationen einer harschen Kritik. Ungefragt treten diese als Schulmeister in Sachen Demokratie China gegenüber auf, ohne zu berücksichtigen, welche Fortschritte auch in dieser Hinsicht bereits gemacht worden sind. Diese Nabelschau, die ausschließlich die eigene Position als absolut setzt, verhindert oft eine konstruktive Zusammenarbeit mit chinesischen Politikern. Es sei an dieser Stelle nur an die mehr als ungeschickte und politisch falsche Entscheidung Merkels erinnert, als sie sich dazu entschloss, den Dalai Lama als offiziellen Staatsgast in Deutschland zu empfangen. Angesichts der Lage in Tibet ein Affront gegenüber China. Die politische Reaktion der chinesischen Führung kam promt. Lukrative Aufträge wurden an andere Bewerber verteilt.

Der Autor gibt in seinem Buch "Angst vor China" einen profunden Überblick über die aktuelle Position Chinas in der globalisierten Welt. Er unterzieht die wirtschaftliche Großmacht China einer kritischen Überprüfung und kommt infolge dessen zu einen, für den Westen wenig schmeichelhaften Ergebnis. Chinas Wirtschaft ist innovationsfreudiger und flexibler. Mit ihrem Geld und mit der damit verbundenen Macht, greifen sie den Westen mitunter frontal an und übernehmen komplette Firmen inklusive deren technischen Blaupausen. Diesem wachsenden Einfluss hat der Westen nichts entgegenzusetzen.

Auch das von den westlichen Sozialingenieuren so gern benutze Schlagwort von der Ausbeutung chinesischer Arbeitskräfte lässt Frank Sieren nicht gelten. So wurden die Löhne in den letzten Jahren regelmäßig angehoben und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen verbessert. Aus diesem Grund wandern westliche Firmen, die in China produzieren lassen, vermehrt in andere, billigere Länder ab.

China ist ohne Frage ein sehr ernst zu nehmender Konkurrent auf dem Markt. Vielleicht, und hier kann man dem Optimismus des Autors nur schwer folgen, entwickelt sich der Einfluss und die Macht Chinas zu einem heilsamen Schock für die westliche Welt. Daran darf allerdings gezweifelt werden. "Angst vor China" ist Pflichtlektüre für diejenigen, denen die Zukunft des Westens noch am Herzen liegt. Aus diesem Grund wird das Buch wahrscheinlich von keinem Politiker gelesen werden.




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