Buchkritik -- Tom Standage -- Sechs Getränke, die die Welt bewegten

Umschlagfoto  -- Tom Standage  --  Sechs Getränke, die die Welt bewegten Wir nehmen sie täglich zu uns. Morgens trinken wir Tee oder Kaffee, beide Getränke begleiten einen großen Teil der Menschheit sogar während des ganzen Tages. Abends trinken wie gern in geselliger Runde Bier oder Wein. Ohne Coca-Cola wäre die Fast Food Industrie undenkbar und mit dem Rum versuchen wir manchmal eine im Anzug begriffene Erkältung zu vertreiben.

Alle eben genannten Getränke hat Tom Standage in seinem Buch Sechs Getränke, die die Welt bewegten, oder wie der Titel der Originalausgabe treffender lautet: A History of the World in 6 Glasses, beschrieben.

Herausgekommen ist dabei eine launige Beschreibung des langen Weges dieser Getränke durch die menschliche Geschichte. Bier, nach dem Wasser, das älteste Getränk der Menschheit wurde bereits vor 10000 Jahren hergestellt und im Alten Ägypten war es ein Volksnahrungsmittel. Wein, zu allererst ein Getränk für Wohlhabende wurde im Lauf der Zeit durch bessere Anbaumethoden und größere Anbauflächen zu einem "demokratischen" Getränk. Kaffee und Tee, beides nach Europa importierte Getränke, feierten hier Triumphe und veränderten die Trinkgewohnheiten ganzer Nationen. Rum, dessen Bedeutung erst durch den Überseehandel erkannt wurde, war ein Getränk, das sich auch auf langen Seereisen gut, weil quasi unverderblich, transportieren ließ. Der Siegeszug von Coca-Cola dagegen ist sprichwörtlich für den "American way of Life", der ohne diesen Softdrink undenkbar gewesen wäre.

Der Autor beleuchtet jedoch nicht nur die Verbreitung der jeweiligen Getränke, sondern er zeigt auch die wirtschaftlichen und politischen Implikationen des Handels mit diesen Getränken. Der Sklavenhandel wäre undenkbar gewesen ohne Rum, der eigentlich ein Abfallprodukt aus dem Zuckeranbau darstellt. Die britischen Ostindische Kompanie erlangte ihre Macht und ihren Einfluß nicht zuletzt wegen des von ihr betriebenen Teehandels. Mit der "Boston Tea Party" wurde am 16. Dezember 1773 quasi der amerikanische Unabhängigkeitskrieg begonnen.

Kein anderes Getränk wie Coca-Cola steht so für den Siegeszug des Kapitalismus US-amerikanischer Prägung. Sogar der politische Gegner trank in Moskau Getränke "made in the USA". Waren Kaffee und Tee bei ihrer Einführung in Europa zuerst noch Getränke der oberen Schichten und fanden erst langsam ihren Weg nach unten, so war Coca-Cola von Beginn an ein Getränk für alle Volksschichten.

Bei all dem verliert der Autor niemals den Zusammenhang zwischen Politik und Wirtschaft aus den Augen. Fast spielerisch läßt er an den Augen Lesers die Beziehungen zwischen den sechs Getränken und deren Implikationen mit dem öffentlichen Leben Revue passieren. Was manch einem Autor mit seinen Publikationen nicht gelingt, Tom Standage schafft den Spagat zwischen Information und Unterhaltung. Er hat ein Buch veröffentlicht, das man getrost als eine "Kleine Kulturgeschichte des Trinkens" beschreiben kann.




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