Buchkritik -- Rolf Stolz -- Die Schärfe des Lachens

Umschlagfoto, Buchkritik, Rolf Stolz, Die Schärfe des Lachens, InKulturA Der Mensch, so Immanuel Kant, ist aus krummem Holz gemacht. Nicht gänzlich gut und, bis auf wenige Ausnahmen, nicht gänzlich schlecht, wähnt er sich trotzdem stets auf der richtigen Seite und fühlt sich berufen, aus seiner jeweiligen Lebenssituation darüber urteilen zu können, was richtig und was falsch ist. Daraus wird nicht selten ein Absolutes konstruiert, aus dem scheinbar Allgemeingültiges resultiert, das immer den Blickwinkel des Betrachters verengt und die eigene kleine Welt als den Maßstab zur Bewertung anderer zugrundelegt. Klarer Fall, die Rede ist vom ewigen Spießbürger.

Wie kaum ein anderer hat der Dichter und Zeichner Wilhelm Busch diesen Typus in seinem Werk demaskiert und den Bigotten, den Heuchlern und vermeintlichen Gutmenschen die Maske vom Gesicht gerissen. Letztere haben derzeit wieder Hochkonjunktur und so kommt das bei Edition BuchHaus Loschwitz erschienene Buch von Rolf Stolz gerade zur rechten Zeit.

Thematisch geordnet und mit vielen typisch Busch`schen Reimen versehen, führt Stolz den Leser durch das umfangreiche Schaffen des zu Unrecht oft als Zyniker bezeichneten genauen Kenners der menschlichen Beweggründe, die sich nicht selten als Abgründe herausstellen.

Denen, die sich für klüger, besser und moralischer halten, hält Busch den Spiegel vor und enttarnt, meist mit Humor, aber auch mit schonungsloser Brutalität, das, was in der menschlichen Psyche anscheinend festgeschrieben ist: der Hang zur eigenen Überhöhung bei gleichzeitiger Verachtung derjenigen, die nicht dem eingeschränkten Horizont des Betrachters entsprechen.

Gerade in unserer Zeit, in der sich ein in der Welt des Konjunktivs angesiedeltes polit-mediales Spießertums anmaßt, darüber befinden zu dürfen, wie „richtiges“ Leben auszusehen hat, erhält Wilhelm Busch eine dramatische Aktualität, auf die Rolf Stolz immer wieder genüsslich hinweist, denn hinter der so viel beschworenen Diversität und Vielfalt stehen in Wirklichkeit Konformität und Kleingeistigkeit.

Nichts fürchtet der Spießer mehr als entlarvenden Humor und Sarkasmus, mit dem dessen Beweggründe demaskiert werden. Keine Frage, ein Wilhelm Busch unserer Tage wäre den Etablierten ein Dorn im Auge, denn die heutigen Satiriker stehen längst auf der Lohnliste der Herrschenden und sind in Wahrheit Hofberichterstatter.




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Veröffentlicht am 14. Februar 2022