Buchkritik -- Linus Geschke -- Tannenstein

Umschlagfoto, Buchkritik, Linus Geschke, Tannenstein , InKulturA Ausgerechnet dort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, fängt es an. In Tannenstein, kaum auf der Landkarte verzeichnet, beginnt der „Wanderer“ seine Pläne in die Tat umzusetzen. Elf Menschen werden von ihm getötet, anscheinend ohne Motiv, denn die Polizei kann keinen Zusammenhang zwischen den Opfern herstellen. Doch das ist erst der Anfang, denn der „Wanderer“ hat weitaus mehr vor und so zieht sich seine blutige Spur quer durch die Republik.

Ihm auf den Fersen ist der ehemalige Polizist Alexander Born, der während seiner Zeit als Ermittler den schmalen Grat zwischen Recht und Unrecht verlassen hat und auf seine Weise Gewinne krimineller Organisationen umgeschichtet hat, sprich, in die eigene Tasche gesteckt hat. Als eine Kollegin und die Frau, die Born liebt, ermordet wird, vermutet er als Täter den „Wanderer“ und beginnt, aus dem Gefängnis entlassen, einen Rachefeldzug, der in den Kreisen der russischen Mafia für Aufregung sorgt.

„Tannenstein“ ist hart, kompromisslos und für zart besaitete Leser nicht empfehlenswert. Linus Geschke, seines Zeichens freier Journalist, hat einen Thriller, den ersten einer Trilogie, geschrieben, der tief eintaucht ins Milieu der russischen Mafia. Im Tschetschenien-Krieg verrohte Männer haben nach dem Zusammenbruch des Kommunismus die Segnungen des Kapitalismus, vorzüglich dessen kriminelle Spielarten, kennengelernt und versorgen den bundesdeutschen Markt mit dem von einer zahlungskräftigen Klientel gewünschten „Frischfleisch“.

Der Staat ist dabei, diese Worte legt der Autor einem BKA-Ermittler in den Mund, den Kampf gegen das Organisierte Verbrechen zu verlieren – weil dieser sich an Recht und Gesetz halten muss. Genau das hat Born nicht vor und beginnt einen Ein-Mann-Krieg gegen die russische Mafia. Jedes Mittel ist ihm recht, wenn es denn zur Eliminierung des „Wanderes“ führt. Hilfe bekommt er von einer jungen Kollegin, die sich nach langem Zögern dazu entschließt, Borns Methoden zu akzeptieren.

Der Thriller kreist gekonnt und mit viel Insiderwissen – man hat Angst um den Autor – um das Thema Rache und Selbstjustiz. Das sind, nur zur Erinnerung, Linus Geschke ist Journalist, ungewohnte Töne, die die Grenzen der politischen Korrektheit weit überschreiten. Das ist jedoch auch der Grund, warum dieser Roman den meisten Lesern unter die Haut geht, denn sie werden zu Voyeuren gemacht, die den Aktionen Borns und des „Wanderes“ zustimmen dürften.

Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht, denn Born und der „Wanderer“ haben mehr gemein, als es zumindest dem Ex-Polizisten lieb ist. „Tannenstein“ ist, das kann man ohne weiteres feststellen, der Thriller des Jahres 2019. Bitte bald die Fortsetzung!




Meine Bewertung:Bewertung

Veröffentlicht am 21. April 2019