Buchkritik -- Sebastian Themessl -- Wo dein sanfter Flügel weilt

Umschlagfoto, Buchkritik, Sebastian Themessl, Wo dein sanfter Flügel weilt, InKulturA Der Musikwissenschaftler Phil Mason ist froh New York, besonders aber der Princeton University den Rücken kehren zu können und geht als Stipendiat nach Wien, wo er über „Die Verbindungen zwischen der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und der Wiener Klassik“ forschen will. Eigentlich, so Mason, eine in zwei Monaten zu bewältigende Aufgabe und zudem in einer Stadt, die er noch flüchtig aus seinen Kindertagen kennt.

Angekommen in der Stadt von Mozart und Mahler, von Beethoven und Schubert, tritt seine Forschungsarbeit aufgrund eines Konzertbesuchs, in dem u. a. Schuberts Große Symphonie in C-Dur gespielt wird, in den Hintergrund, denn ihm fallen sehr viele Gemeinsamkeiten mit Beethovens Neunter Symphonie auf und Schubert, so der Eindruck Masons, hat sich ebenfalls bei Mozart, bei dessen Oper „Don Giovanni“ in fragwürdigen Weise bedient. Komisch nur, so die weiteren Gedanken des jungen Musiktheoretikers, dass diese „Plagiate“ in der Musikwissenschaft nicht bemerkt und erforscht wurden.

Bei seinen weiteren diesbezüglichen Recherchen, seine ursprünglich geplante Arbeit tritt vollkommen in den Hintergrund, stellt er fest, dass es sehr wohl Autorinnen und Autoren gegeben hat, die in dieser Angelegenheit Nachforschungen angestellt haben, deren Arbeiten sind jedoch alle, bis auf eine Ausnahme, verschwunden und die Wissenschaftler nicht mehr am Leben. Jetzt gilt es für Phil Mason, dessen wissenschaftliche Neugier längst einer Obsession gewichen ist, diese verschollene Arbeit zu finden und bei seiner Suche nach der Wahrheit, die ihn über Moskaus legendäre Sonderarchiv bis nach Lateinamerika führt, sticht er in ein Wespennest und bemerkt zu spät, dass die Stiche mancher Wespen tragische Folgen haben.

Sebastian Themessl hat mit seinem, wie es der Untertitel ausdrückt, „musikgeschichtlichen Kriminalroman“ eine Verschwörungstheorie der besonderen Art geschrieben, denn, so stellt Mason fest, eine im 18. Jahrhundert gegründete Geheimorganisation, die sich „House of Denmark“ nennt, zieht hinter den Kulissen des öffentlich Sichtbaren die Fäden und ihr ist jedes Mittel recht, um deren Existenz zu verbergen.

„Wo dein sanfter Flügel weilt“ ist ein überaus unterhaltsamer Roman durch eine Genre der Literatur, dessen Reiz nicht zuletzt darin liegt, hinter dem Offensichtlichen und einer der Öffentlichkeit verborgene Ebene die wirklich Mächtigen anzudeuten, die keine Skrupel haben, diejenigen, die ihnen zu nahe kommen und sich daran machen, den Schleier des banal Alltäglichen zu lüften, zum Schweigen bringen.

Ein gelungener literarischer Ausflug in die Musikgeschichte und die Jagd auf eine geheime Weltregierung machen aus dem „musikgeschichtlichen Kriminalroman“ ein absolutes Lesevergnügen.




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Veröffentlicht am 15. April 2020