Buchkritik -- Ahmed Mourad -- Vertigo

Umschlagfoto, Buchkritik, Ahmed Mourad, Vertigo, InKulturA Bereits 2007 in Ägypten erschienen, veröffentlicht jetzt der Lenos-Verlag die deutsche Übersetzung des Politthrillers "Vertigo" von Ahmed Mourad, der einen, für westliche Betrachter, verstörenden Blick hinter die Kulissen der ägyptischen Gesellschaft bietet.

Achmad verdient seinen Lebensunterhalt in einem Kairoer Nobelhotel, in dem sich die Reichen, immer Männer, und Schönen, immer junge bis sehr junge Frauen, treffen, um Geschäfte zu machen und ihre Ehepartner zu betrügen. Er fotografiert deren Vergnügungen und bietet seine Fotos den Kunden des exklusiven Clubs an.

Eines Tages wird er Augenzeuge eines Mordes an zwei Geschäftsmännern bei dem ebenfalls ein Freund von ihm ums Leben kommt. Es gelingt ihm, von den Tätern unbemerkt, Fotos dieses Verbrechens zu machen. Er bietet diese einer Zeitung an, deren Chefredakteur er für unbestechlich hält, weil seine Publikation sich mit Fällen von Korruption und staatlicher Kriminalität beschäftigt. Doch zu seinem Erstaunen verschwindet das Bildmaterial und die von ihm erhoffte Veröffentlichung findet nicht statt.

Ahmed Mourad, in der Ära Mubaraks als Fotograf im Stab des ägyptischen Staatspräsidenten tätig, zeigt eine tief gespaltene Gesellschaft, in der die Reichen, d. h. in der Regel die Skrupellosen und politisch Geförderten, auf Kosten der Armen ihre Gewinne einfahren können. Immer gedeckt von den Mächtigen, sind sie doch abhängig vom Wohlwollen ihrer Förderer. Hinter allen Gefälligkeiten stecken politische Interessen, die, wie in der Politik üblich, schnell ihre Ziele ändern können.

So ist "Vertigo" auch mehr als ein Politroman, denn er liefert gleichzeitig eine herbe Kritik an den - immer im Hinterkopf habend, dass der Roman noch während der Zeit Mubaraks geschrieben wurde - Missständen der ägyptischen Gesellschaft. Aus diesem Grund kann der Leser auch über einige stilistische Fehlgriffe hinwegsehen, die wohl eine humorvolle Komponente haben sollen, jedoch, vielleicht der Übersetzung geschuldet, eher fragwürdig sind.

Was bleibt ist ein Sittengemälde Ägyptens, in dem gut ausgebildete junge Menschen keine Berufsmöglichkeit erhalten, es sei denn, sie werden protegiert. Es sind diese frustrierten 20- bis 30jährigen, die sich wenige Jahre später auf dem Tahrir-Platz versammeln werden, um den Autokraten und seine Speichellecker, Mourad nennt sie in seinem Roman Paschas, zu stürzen.




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Veröffentlicht am 14. Mai 2016