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Auf der abgelegenen Hebrideninsel Eilean Eadar, einem Ort, an dem die Mythen so alt sind wie die Felsen und das Misstrauen so tief sitzt wie der Torf, wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Er liegt am Fuße jenes berüchtigten Leuchtturms, von dem ein Jahrhundert zuvor drei Wärter spurlos verschwanden. Um diesen scheinbar klaren Fall von Selbstmord zu den Akten zu legen, werden Detective Inspector Richie Stewart und Georgina „George“ Lennox aus dem fernen Glasgow in diese abgeschottete Welt entsandt. Was sie vorfinden, ist eine Gemeinschaft, deren Schweigen lauter ist als der heulende Wind.
Laura McCluskey bedient sich in ihrem Debütroman „Wolfskälte“ des vertrauten Szenarios der urbanen Ermittler in einer ländlichen, abgeschottet lebenden Gemeinschaft. Doch sie tut dies mit einer atmosphärischen Dichte, die das Genre transzendiert. Die dramatische, von Stürmen gepeitschte Landschaft der Insel ist hier keine bloße Kulisse, sondern der eigentliche Protagonist. Die Kälte, der Schnee, die kurzen, grauen Tage und das Wetter sind die allgegenwärtigen Kräfte, die das harte Leben der Inselbewohner diktieren und den unerbittlichen Rahmen für die sich entfaltenden Dramen bilden. In diesem ständigen Kampf gegen die Elemente wird jeder Fremde zum potenziellen Störfaktor.
Inmitten dieser rauen Szenerie kämpft die Ermittlerin George Lennox nicht nur mit der Feindseligkeit der Einheimischen, sondern auch mit ihren eigenen Dämonen, die ihre Karriere zu zerfressen drohen. McCluskey zeichnet das Porträt einer Frau am Rande des Abgrunds, deren innere Zerrissenheit im harschen Außen der Insel eine eindringliche Entsprechung findet. Auch die Inselbewohner, die zunächst wie stereotype Karikaturen ländlicher Zurückhaltung wirken, entfalten nach und nach eine unerwartete Komplexität. Der schwelende Konflikt zwischen den Generationen, zwischen jenen, die an jahrhundertealten Traditionen festhalten, und den Jüngeren, die aus diesem Korsett auszubrechen versuchen, verleiht der Erzählung eine zusätzliche, soziologisch interessante Ebene.
Zwar mag die Auflösung des Falles für geübte Krimileser nicht gänzlich überraschend kommen, und manche Wendung mag an der Grenze zur Kolportage kratzen, doch dies schmälert den Lesegenuss kaum. Laura McCluskey erweist sich als eine exzellente Beobachterin, die mit feinem Gespür für psychologische Nuancen komplexe Charaktere erschafft und die klaustrophobische Atmosphäre einer in der Zeit gefangenen Gemeinschaft meisterhaft einfängt. „Wolfskälte“ ist mehr als nur ein Kriminalroman; es ist eine eindringliche Studie über Schuld, Schweigen und die unentrinnbare Macht der Herkunft. Ein vielversprechendes Debüt, das auf eine Fortsetzung hoffen lässt.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 18. Dezember 2025