Buchkritik -- Jean Ziegler -- Die neuen Herrscher der Welt

Umschlagfoto  --  Jean Ziegler  --  Die neuen Herrscher der Welt Die Auswirkungen der Globalisierung haben die Industrieländer längst eingeholt. Firmenverlegungen und die daraus resultierende Arbeitslosigkeit, Kapitalflucht und Abwanderung von Investoren, Abbau von bislang selbstverständlichen Sozialleistungen und eine bislang unbekannte Verarmung, bei gleichzeitiger Zunahme von Einkommensmillionären, kennzeichnet den Beginn einer neuen Ära, auf die die Menschen nur unzureichend vorbereitet sind. Verstört und zutiefst irritiert müßen die Menschen vormals prosperierender Staaten feststellen, daß sich ein Werte- und Normenwandel vollzieht, dem sie nichts entgegensetzen können. Sie stellen fest, daß es nicht mehr die Politik und die von ihnen gewählten Vertreter sind, welche die Leitung und Führung der Staaten innehaben, sondern diese Funktion ist übergegangen in die Hände von global operierenden Konzernen, die sich schon allein mit der Ankündigung der Schließung von Betrieben Politiker gefügig machen.

Jean Ziegler hat in seinem Buch Die neuen Herrscher der Welt eine Bilanz dessen gezogen, was unter der von den USA geführten Neo-Liberalen Bewegung an Schaden bereits eingetreten ist. Dies beschreibt er engagiert, informiert und wortgewaltig. Er berichtet über den für die jeweiligen Länder verheerenden Einfluß von IWF und Weltbank. Kredite werden nur an die Länder vergeben, die sich zu einer vollkommenen Reregulierung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Systeme bereit erklären. Die einheimische Wirtschaft wird gezwungen sich dem Weltmarkt zu öffnen, was zwangsläufig zum Zusammenbruch der nationalen Versorgung führt. Unter dem Deckmantel des freien Handels werden Konkurrenten ausgeschaltet und eine bislang wenigstens halbwegs funktionierende Wirtschaft zerstört.

Der Autor kennt die Auswirkungen dieser Globalisierung aus erster Hand. Zahlreiche Untersuchungen in den betroffenen Ländern sprechen eine deutliche Sprache. Regional durchaus bewährte Wirtschafts- und Produktionsformen werden durch die rigiden Kreditgewährungsbestimmungen der Weltbank zerstört. Nahrungsmittel werden dadurch nicht preiswerter, sondern teurer und schlechter. Ebenso brechen die sozialen Systeme weg, weil sie in einer deregulierten Wirtschaft von niemand mehr bezahlt werden. Korruption und Bestechung sind Tür und Tor geöffnet. Ein großer der Teil der gewährten Kredite landet mehr oder weniger direkt auf Nummernkonten der Schweiz, den Bahamas oder anderen Steuerparadiesen. Ziegler beschreibt auch die Auswirkungen auf die ökologischen Konsequenzen der Globalisierung. Daß das globale Kapital gerne dorthin geht, wo es wenig oder gar keine Restriktionen gibt, bleibt der Umweltschutz meist auf der Strecke. Das einzig Interessante ist für Konzerne und Anleger die Rendite - und die gibt es besonders dort, wo es keine Schutzbestimmungen und Sozialvorschriften gibt. Arbeitsplatzabbau in den vormaligen Industrieländern bedeutet zerstörte Natur in der Dritten Welt.

Anhand von vielen Beispielen erläutert Jean Ziegler die aktuellen und zukünftigen Probleme. Es gibt bis auf wenige Gewinner nur Verlierer in einer globalisierten Wirtschaft. Ein spezifisch menschlicher Aspekt wird durch sie vollkommen verleugnet. Die Verlockung auf kurzfristige Gewinne verhindert den ressourcenschonenden Umgang mit der Natur. Der einzelne Mensch droht zu einem beliebig verschiebbaren Kostenfaktor zu werden. Das globale Kapital kennt keine Individuen, sondern nur Zahlen vor dem Komma.

Das Buch macht den Leser oft wütend über die Praktiken von IWF und Weltbank. Man stellt sich die Frage, was dagegen getan werden kann. Darauf gibt Ziegler am Schluß seines Buches Auskunft. Er stellt Organisationen und Initiativen vor, die gegen die Auswüchse der Globalisierung vorgehen - oft mit Erfolg. Jeder Einzelne von uns ist ebenfalls gefordert, denn auch mit einem veränderten Konsumverhalten kann der menschenverachtenden Neo-Liberalen Wirtschaftspolitik Paroli geboten werden. Wer z. B. darüber informiert ist, wie die Arbeitsbedingungen derjenigen Menschen sind, die in sogenannten Sonderwirtschaftzonen die Produkte von Matell, oder anderen Konzernen herstellen, der wird es sich vielleicht überlegen, ob er seinem Kind eine Barbiepuppe oder ähnliches schenkt.




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